Blockchain macht das Finanzsystem nicht überflüssig, aber effizienter
Ex-Banker graben Banken das Wasser ab

Dank der Blockchain dürften Überweisungen ins Ausland bald kostenlos sein. Macht die Technologie Banken sogar komplett überflüssig?
Publiziert: 14.12.2018 um 08:13 Uhr
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Aktualisiert: 14.12.2018 um 09:18 Uhr
Daniel Gasteiger, Gründer von Trust Square, arbeitet mit Blockchain daran, traditionelle Banken überflüssig zu machen.
Foto: Patrick Züst
Patrick Züst

Wer eine Blockchain-Konferenz besucht, trifft dort auf ganz unterschiedliche Teilnehmer. Zum einen sind es anarchistische Nerds im Kapuzenpulli, die mit Hilfe von Blockchains das traditionelle Finanzsystem umstürzen wollen. Die Technologie wurde ursprünglich als Reaktion auf die Finanzkrise 2008 erfunden und ermöglicht Geldtransaktionen, ohne dass eine Bank involviert ist.

Zum anderen gibt es aber auch die geschäftstüchtigen Banker im Anzug, die in genau derselben Technologie eine Chance sehen, um für ihre Kunden noch unverzichtbarer zu werden: Bank-Prozesse, die heute noch manuell erledigt werden, könnten mit Blockchains komplett automatisiert werden. «Ich bewege mich irgendwo zwischen diesen beiden Idealen», sagt Daniel Gasteiger und lacht.

Ein Platz für die Blockchain

Gasteiger ist einer der Pioniere der Schweizer Blockchain-Szene. Er erscheint im modischen Pullover zum Interview mit BLICK. Bis vor wenigen Jahren war Gasteiger selbst Top-Manager bei der UBS. Heute arbeitet er nur eine Tram-Haltestelle vom Zürcher Paradeplatz entfernt, aber trotzdem in einer ganz anderen Welt.

Er ist der Initiant und Mitgründer des Trust-Square – ein Co-Working-Büro, in dem Dutzende Blockchain-Firmen an neuen Produkten tüfteln. Hier prallen die alte und die neue Finanzwelt aufeinander: Vom Balkon aus sieht man auf die Schweizerische Nationalbank; einen Stock tiefer arbeiten Jungfirmen daran, wie man diese überflüssig machen kann.

Neue Geschäftsmodelle für Banken

«Die Krypto-Utopien sind realitätsfern – Banken wird es immer geben», ist Gasteiger überzeugt. «Die grossen Kunden werden sich noch ganz lange eine persönliche Beratung wünschen.» Trotzdem werde die Blockchain in der Finanzbranche zu fundamentalen Veränderungen führen. «Für Transaktionen ins Ausland zum Beispiel wird man in fünf Jahren keine Gebühren mehr verlangen können. Wenn das mit Blockchains heute schon fast gratis möglich ist, wieso sollte irgendjemand dann noch dafür bezahlen?», so Gasteiger.

Für die Verwahrung seines Vermögens ist man ebenfalls nicht mehr auf eine Bank angewiesen. Ein Blockchain-Konto kann jeder selbst per Smartphone eröffnen und verwalten. Das Passwort dazu ist eine zufällige Zahlenkombination.

Diese Zugangs-Schlüssel aber seien nach wie vor ein grosses Problem, ist der Blockchain-Experte überzeugt. «Mir ist es auch schon passiert, dass ich meinen Schlüssel verloren habe. Bei einer Bank kann man den Support anrufen, bei der Blockchain ist das Geld einfach weg.» Für die Banken würde sich daraus ein neues Geschäftsmodell ergeben: Statt dass sie unser Geld direkt aufbewahren, könnten sie in Zukunft die Schlüssel unserer Blockchain-Konten sicher verwahren und verwalten.

UBS und CS mischen mit

Genau auf solche Anwendungen will sich die neue Krypto-Bank Seba spezialisieren. Die Gründer arbeiteten früher ebenfalls bei der UBS. Sie wollen jetzt zur ersten Schweizer Blockchain-Firma werden – mit einer offiziellen Banken-Lizenz!

Neben der Verwahrung von Blockchain-Schlüsseln wollen sie dann auch Kauf und Handel mit Kryptowährungen anbieten. Bei den Traditionsbanken ist die Technologie ebenfalls ein Dauerthema.

Nicht etwa, weil alle Kunden auf die Blockchain umsteigen, wie es sich die Krypto-Anarchisten erträumen, sondern weil dadurch interne Prozesse optimiert werden können. Für dieses Ziel haben sich über hundert Geldinstitute aus der ganzen Welt zum R3-Konsortium zusammengeschlossen – auch die Schweizer Grossbanken UBS und CS sind dabei.

«Als Bank ist es von höchster Wichtigkeit, sich mit solchen technologischen Veränderungen zu beschäftigen», heisst es in einer Mitteilung der Credit Suisse. Die Blockchain habe viel Potenzial, um Transaktionen effizienter, transparenter und günstiger zu machen.

Mit der ursprünglichen Blockchain-Vision hat diese Anwendung allerdings nicht mehr viel zu tun. Die Krypto-Visionäre arbeiten deshalb weiter an Lösungen, damit man künftig Kryptowährungen dezentral kaufen kann, damit Zugangs-Schlüssel auch ohne Support wiederhergestellt werden können. Und damit die traditionellen Banken vielleicht doch bald verdrängt werden.

Lesen Sie morgen: Der Schweizer Pascal Kaufmann will mit Blockchain das Gehirn entschlüsseln. Und: Die neue Technologie soll auch den Hauskauf wesentlich vereinfachen.

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