175 Überstunden pro Monat
So hart schuften Arbeiterinnen für unsere Weihnachtsgeschenke

Vor Weihnachten laufen die Spielzeugfabriken auf Hochtouren. So auch in China. Doch die Arbeitsbedingungen sind teilweise katastrophal.
Publiziert: 06.12.2018 um 22:07 Uhr
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Aktualisiert: 09.12.2018 um 15:13 Uhr
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Verdeckte Ermittler haben sich in vier chinesischen Fabriken eingeschleust. Dabei haben sie herausgefunden: Die Arbeiter leisten bis zu 175 Überstunden im Monat.
Foto: ChinaFotoPress via Getty Images

175 Überstunden und 26 Arbeitstage pro Monat bei rund 435 Franken Lohn: Die Arbeiterinnen in der chinesischen Fabrik Wah Tung stellen unter miserablen Umständen Spielzeuge her, die für wenig Geld bei uns unter dem Weihnachtsbaum landen.

So zum Beispiel die «Disneys Princess Sing & Sparkle Ariel Doll», die für rund 35 Franken auf Amazon erhältlich ist und auch in die Schweiz geliefert wird. Jeden Tag bearbeitet eine Arbeiterin rund 1800 bis 2500 Stück dieser Puppen, schreibt der «Tages-Anzeiger». Pro Puppe erhält sie einen Rappen. Das sind bei 26 Arbeitstagen im Monat umgerechnet 435 Franken Lohn. Rund 75 Arbeiterinnen sind am Herstellungsprozess dieser Puppe beteiligt. Vom Verkaufspreis fliessen nur 75 Rappen an die Arbeiterinnen zurück.

Ermittler entdeckten 23 Verstösse gegen das Arbeitsrecht

Die NGO China Labor Watch hat zusammen mit Non-Profit-Organisation Solidar Suisse zwei verdeckte Ermittlerinnen in die chinesischen Fabriken Lovable, Wah Tung, Herald und Jetta geschickt. Sie produzieren beispielsweise für die US-Unternehmen Hasbro, Disney und Mattel oder die deutschen Hersteller Ravensburger, Schleich und Simba Dickie. Die geheimen Ermittler deckten 23 Verstösse gegen das chinesische Arbeitsrecht auf.

In Fabriken, die für deutsche Hersteller produzieren, stiessen die Ermittler auf die heftigsten Verstösse. So mussten Arbeiterinnen in der Wah-Tung-Fabrik, die für Simba Dickie produziert, bis zu 175 Überstunden im Monat leisten. Im vergangenen Jahr waren es noch 140. In allen vier untersuchten Fabriken machten die Arbeiter im Schnitt mehr als 80 Überstunden pro Monat. Nach chinesischem Arbeitsrecht wären maximal 36 Überstunden erlaubt. 

Kein Schutz vor gefährlichen Stoffen

Zu dem sind die Arbeiter gefährlichen Stoffen ausgesetzt. Sie arbeiten mit Verdünnern, Lösungsmitteln und Leimen, welche die Haut irritieren und die Nasenschleimhäute reizen. Schutzausrüstungen gibt es nicht. 

Der Grund für den steigenden Druck auf die Arbeiter: Die Spielzeugfabriken wie Disney, Mattel oder Hasbro wollen grössere Mengen, ohne dafür mehr zu bezahlen. Können die Fabriken die Herstellungskosten nicht senken, würden sie dies auf die Arbeiterinnen und Arbeiter abwälzen, so Solidar Suisse. Doch anders als in Vietnam, Indien oder Indonesien gibt es in China kein Streikrecht, mit dem sich die Arbeiter wehren könnten. 

Migros, Coop, Manor und Franz Carl Weber – sie alle verkaufen Spielzeuge von Ravensburger, Schleich, Simba Dickie, Hasbro, Disney und Mattel, deren Produkte aus China kommen. Alle verlangen von ihren Herstellern die Einhaltung ihrer Richtlinien, wie sie dem «Tages-Anzeiger» angeben. Coop, Migros und Franz Carl Weber wollen die Aussagen von Solidar Suisse prüfen und mit den Herstellern Kontakt aufnehmen. Manor erklärt, mit keiner der betroffenen chinesischen Fabriken zusammenzuarbeiten. 

Das reicht Simone Wasmann von Solidar Suisse aber nicht. Die Händler könnten nicht mit Sicherheit sagen, ob sie nicht auch Produkte dieser Fabriken im Regal hätten. «Auch wenn die Händler Produkte von europäischen Herstellern oder über europäische Distributionssysteme beziehen, wissen sie nicht, wo die Spielwaren ursprünglich hergestellt wurden», sagt Wasmann. (sga)

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