Erinnern Sie sich an den 2. Februar 2008? An diesem Tag rast eine 16-jährige Tessinerin in St. Moritz nicht nur auf Platz 3, sondern auch mitten in die Herzen der Schweizer Skifans. Und das bei ihrer ersten Weltcup-Abfahrt und trotz eines Sturzes. Ihr Name: Lara Gut. «Einerseits habe ich das Gefühl, das sei ewig her. Anderseits ist es wie vorgestern», erinnert sich die 27-Jährige. Dabei muss sie – seit dem Sommer heisst sie Gut-Behrami – schmunzeln.
Dann wird Lara nachdenklich. «Es ist mega viel passiert bis heute. Ich bin viel weiter als damals, habe mich weiterentwickelt. Damals war alles neu, ich wusste nicht mehr als: Ich probiers, und wir sehen, was rauskommt! Das ist auch jetzt so. Aber ich habe einige Tipps und Tricks auf Lager.»
Gut wird als Zicke bezeichnet
Auffallend oft wechselten sich ihre Dramen und Höhepunkte genau hier, in St. Moritz, ab. Rückblick. Nach ihrem dritten Platz 2008 geht es für das Ski-Wunderkind weiter steil nach oben. Bereits im Dezember ist sie erstmals die Schnellste, gewinnt den Super-G. Und das bei ihrem erst fünften Einsatz in dieser Disziplin. Rekord. Aber es fliegen Lara nicht mehr nur Sympathien zu – sie wird auch mal als Zicke bezeichnet.
Darauf angesprochen, meinte der Teenager aus Comano TI lachend: «Eine Zicke? Ich bin eher eine Wildsau. Und ich bin
im Sternzeichen Stier. Das passt auch. Ich habe einen harten Kopf.»
Dank dieses harten Kopfs gewinnt sie in den folgenden Jahren 23 Rennen. Dann, im März 2016, steht Lara zuoberst: Als erste Schweizerin seit Vreni Schneider 1995 holt sie den Gesamtweltcup. Später stellt sie ernüchtert fest: «Das sollte der Höhepunkt der Karriere sein, aber als Mensch war es der Tiefpunkt in meinem Leben. Trotz des Erfolgs habe ich mich völlig verloren gefühlt.»
Verletzung als Befreiung
Im Februar 2017 liegt Lara dann, kurz nachdem sie im Super-G WM-Bronze holte, auch faktisch am Boden. Beim Einfahren des Kombi-Slaloms zerfetzt sie sich das Kreuzband. Monate später erklärt sie zur Verwunderung aller: «Am glücklichsten in meiner Karriere fühlte ich mich drei Sekunden nach dem Kreuzbandriss.» Zu viel Druck, zu viel Müssen statt Dürfen – ihr war die Freude am Skifahren vergangen. Die Verletzung war für sie eine Befreiung.
Heute hat Gut-Behrami ihre Freude wieder gefunden. Nur stimmen die Resultate nicht. «Ich habe komplizierte Rennen hinter mir. Aber ich freue mich, wieder hier in St. Moritz zu sein.» Es wäre der passende Ort für eine Wende.