Am ersten März-Wochenende strahlt Bronze-Mujinga in Birmingham stolz und erleichtert: «Jetzt bin ich in der Weltklasse angekommen!» Tatsächlich sind bei den Welttitelkämpfen unter dem Hallen-Dach nur die beiden Sprint-Blitze von der Elfenbeinküste, Murielle Ahouré und Marie-José Ta Lou, einen Hauch schneller als die Bernerin.
Was Kambundji besonders freut: Sie schafft den grössten Exploit ihrer Karriere in einem Moment, da ihre Trainer-Situation ziemlich chaotisch ist. Im Herbst 2017 trennt sie sich von ihrer Mannheimer-Trainingsgruppe um Coach Valerij Bauer. Ihr früherer Jugendtrainer Jacques Cordey und Adrian Rothenbühler stehen ihr während der Hallen-Saison quasi als «Notnägel» zur Seite. Mujinga zeigt viel Eigenverantwortung – aber sie weiss, dass das keine Lösung auf Dauer sein kann. «Ich brauche einen neuen Coach», sagt sie. «Ich möchte in einen Trainingsgruppe mit anderen Weltklasse-Athleten.»
Vollgas in Daytona Beach
Überstürzen will Kambundji aber nichts. Die kurze Erfahrung mit dem Holländer Henk Kraaijenhof, bei dem sie nach dem Abgang von Bauer ihr sportliches Heil gesucht hatte, dann aber schnell merkte, dass es für sie nicht passt, hat Mujinga vorsichtig gemacht. Aber jetzt gibt sie Vollgas! Heute, am Ostersonntag, ist Kambundji für drei Wochen nach Florida geflogen. Nach Daytona Beach – an den Ort, der für Motorenlärm und schnelle Boliden legendär ist. Dort, und an der IMG-Academy in Tampa, sollen ihr Star-Trainer Rana Reider, vor allem aber dessen hochkarätige Trainings-Gruppe noch schnellere Beine machen.
Für Mujinga ist es vorerst ein «Schnupperkurs». Sie will vor Ort herausfinden, ob das für sie eine definitive Lösung sein kann. Nach der Erfahrung mit Kraaijenhof will sie sich nicht mehr auf mündliche Versprechen einlassen, sondern an Ort und Stelle erleben, wie der Trainingsalltag läuft.
Mitten unter Olympiasiegern und Weltmeistern
Besser kann sie es kaum haben. Coach Rana Reider wurde von US Athletics schon dreimal als Trainer des Jahres ausgezeichnet. In seiner Gruppe wimmelts von Superstars. Angefangen beim zweifachen Olympiasieger und dreifachen Weltmeister im Dreisprung, Christian Taylor (USA). Weiter mit Tianna Bartoletta, der US-Olympiasieger in über 4x100 m und im Weitsprung. Oder Adam Gemili (Gb), 2017 Weltmeister über 4x100 m und 2014 Europameister über 200 m. Auch Churandy Martina, Hollands 100-m- Europameister von 2016 – ein 9,91-Sekunden- Mann. Für Aufsehen hat vor allem dessenn Landsfrau Dafne Schippers gesorgt, die zweifache 200-m- Weltmeisterin und schnellste Europäerin, als sie nach Olympia in Rio in die Trainingsgruppe von Reider wechselte.
Bald unter der 11-Sekunden-Grenze?
Sportlich ist Mujinga Kambundji in dieser Gruppe also in jedem Training gefordert. Die Voraussetzungen für die Bernerin, nicht nur ihre Bestmarke über 100 m (11,07), sondern auch die 22,42 Sekunden über 200 m zu steigern sind gegeben. Die Chancen, dass sich Mujinga in diesem Weltklasse-Ensemble auch menschlich wohl fühlt, stehen ebenfalls nicht schlecht. Denn mit der deutschen Sprinterin Alexandra Burghardt trifft Kambundji in Florida eine alte Bekannte. Vier Jahre lang haben sich die beiden in Mannheim eine WG geteilt. Weil auch Burghardt von Bauer zu Reider wechselt, könnten sie das in Florida jetzt wieder tun.