Schweizer Tempomacher in Monza
«Kipchoge hat mich zum Training eingeladen»

Der Genfer Julien Wanders (21) war beim Marathon-Projekt in Monza einer der Tempomacher. Mit BLICK spricht er über seine Erlebnisse.
Publiziert: 08.05.2017 um 08:41 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 23:35 Uhr
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Julien Wanders (21) wurde am Wochenende der «Hasen-Job» zuteil.
Foto: KEYSTONE
Carl Schönenberger

BLICK: Wie haben Sie das knappe Scheitern von Eliud Kipchoge an der 2-Stunden-Schallmauer im Marathon am Samstag in Monza erlebt?
Julien Wanders: Für mich ist das eine Erfahrung, von der ich meine ganze Karriere lang profitieren kann.

Wie sind Sie überhaupt zu Ihrem «Hasen-Job« gekommen?
Im März hat mich meine Management-Gruppe «Global Sports» von Jos Hermens informiert, dass ich zu den Tempomachern gehöre. Ich habe dazu sofort Ja gesagt.

Wann sind Sie nach Monza gereist?
Bereits am Sonntag vor einer Woche mussten alle 28 Tempomacher «einrücken». Dann sind wir jeden Tag um 4.30 Uhr aufgestanden und haben schon am früher Morgen trainiert, auf der Formel1-Strecke gleichmässige 2:50-Minuten-Kilometer zu Laufen und uns in der Pfeil-Formation ohne Rhythmus- und Tempowechsel abzulösen.

Der Start für «Breaking2» war am Samstag um 5.45 Uhr. Ist diese frühe Zeit nicht ungewohnt?
Überhaupt nicht. Wie gesagt, wir sind die ganze Woche zuvor immer um 4.30 Uhr aus dem Bett. Zudem war ich von Oktober bis März sechs Monate im Trainingscamp in Kenia. Dort ist es normal, dass wir morgens um sechs Uhr zum ersten Training starten.

Wann sind Sie aber am Samstag aufgestanden, um für den Start um Viertel vor sechs bereit zu sein.
Um 3 Uhr war Tagwache.

Trotzdem hat man Sie beim Livestream fast nie unter den Tempomachern gesehen.
Ich leide an einer Sehnenentzündung im Bereich Wade-Fussgelenk. Es ist aber nicht die Achillessehne. Wegen dieser Verletzung bin ich nie unter den Tempomachern von Eliud Kipchoge gewesen, der zwar mit 2:00:25 Stunden so schnell wie noch kein Mensch vor ihm gelaufen ist, aber die zwei Stunden knapp nicht knacken konnte.

Aber Sie sind in Monza trotzdem als «Hase» eingesetzt worden?
Ja, nachdem meine Verletzung von den Physiotherapeuten die ganze Woche super behandelt worden ist, habe ich zum Schluss dem früh abgehängten Lelisa Desisa doch noch zweimal während einer Runde von 2,4 Kilometern als Ersatz-Tempomacher helfen dürfen.

Was bringt Ihnen dieses wohl einmalige Erlebnis für Ihre weitere Karriere?
Vom gemeinsamen Training mit den andern habe ich wegen meiner Verletzung nicht viel profitiert. Aber für meinen Kopf ist das eine unbezahlbare Erfahrung. Ich habe gesehen wie konsequent bis ins letzte Detail sich Champions auf ein Highlight vorbereiten.

Hatten Sie viel Kontakt mit Marathon-Olympiasieger Eliud Kipchoge?
Die drei Topläufer Kipchoge, Zersenay Tadese und Lelisa Desisa sind erst am Mittwoch nach Monza gekommen. Sie haben meist getrennt von der Pacemaker-Gruppe trainiert. Aber beim Essen oder am Abend habe ich ein paar Mal mit Eliud diskutiert. Er hat mich sogar zu einem Trainingslager im nächsten Herbst mit seiner Läufergruppe in Kenia eingeladen. Diese Einladung ist für mich als erst 21-Jähriger eine grosse Ehre.

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Wer ist Julien Wanders?

Der 21-jährige Genfer fällt seit zwei Jahren mit Spitzenleistung von 5000 Meter bis zur Halbmarathon-Distanz auf. In diesem Frühjahr ist er zur Europas Elite vorgestossen. Die 28:06,17 Minuten von Anfang April über 10000 m sind die zweitschnellste Zeit eines Europäers in dieser Saison und nach Christian Belz’ Schweizerrekord (27:53,16) die zweitbeste Zeit eines Schweizers je. Mit 1:01:43 im Halbmarathon ist Wanders in diesem Jahr gar der schnellste Europäer auf dieser Distanz. Sein Saison-Ziel: WM-Teilnahme über 5000 m im August in London.

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