FCL-Coach Seoane vor Sion-Spiel
«Ich hoffe, dass ich lockerer werde»

Gerardo Seoane (39), seit 97 Tagen der neue Mann an der Seitenlinie beim FC Luzern, über seine Vergangenheit, sein Auftreten und über Markus Babbel. Heute coacht er gegen Sion. Verfolgen Sie den Match ab 16 Uhr live!
Publiziert: 15.04.2018 um 15:06 Uhr
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Aktualisiert: 15.06.2023 um 00:13 Uhr
FCL-Coach Seoane ganz privat.
Foto: Toto Marti
Interview: Marco Mäder und Michel Wettstein, Fotos: Toto Marti

Gutgelaunt sitzt er da, trinkt einen Espresso. Ohne Zucker aber mit einem Gutsch Rahm. «Da drüben wohne ich», sagt der Vater von einer 11-jährigen Tochter und einem 9-jährigen Sohn und zeigt mit dem Finger über den Vierwaldstättersee in Richtung Hergiswil NW. Gerardo Seoane, der in seinen ersten 9 Partien als Profi-Trainer mit seinen Luzernern unglaubliche 20 Punkte und den FCL damit aus dem Tabellenkeller holt, lässt im SonntagsBlick seine Fassade, die er oftmals noch an Medienterminen auf hat, fallen.

Seit Januar sind Sie FCL-Coach. Wie denken Sie über Ihren Vorgänger Markus Babbel?
Als erstes muss man sagen: Als FC Luzern sollte man es nicht als selbstverständlich ansehen, dass ein Markus Babbel, der in seiner Karriere bei Bayern und Liverpool gespielt hat und unter anderem Europameister geworden ist, einfach bei uns Trainer wird. Da wurde auch vom FCL gute Arbeit geleistet, dass man einen solchen Mann für sich gewinnen konnte. Die letzten Jahre hat er den Verein stabilisiert und immer gute Platzierungen erreicht. Als U21-Coach konnte ich extrem von ihm profitieren. Er strahlte immer Souveränität und Ruhe aus.

Wäre der FCL mit Babbel abgestiegen?
Markus hat mehrmals bewiesen, dass auch er die Mannschaft aus dem Keller rausbringen kann. Ausschlaggebend für den Trainerwechsel waren ja primär nicht sportliche Gründe.

Für Seoane lacht die Sonne in Luzern.
Foto: TOTO MARTI

Zu Ihnen: Stimmt es, dass Sie mit einem Mentalcoach zusammenarbeiten?
Mentalcoach ist das falsche Wort. Ich habe mich in den letzten 10 Jahren auf diesen Job vorbereitet. Ein Trainer muss sich ständig verbessern. Und ich wusste, dass ich Verbesserungspotential habe. Es geht darum, dass ich eine Anlaufstelle habe, bei der ich über andere Sachen reden kann als Fussball. Der Sport ist sehr psychologisch. Ein Spieler braucht Selbstvertrauen und ich als Trainer helfe ihm dabei, dieses zu haben. Und das lerne ich bei einem Persönlichkeitsentwickler.

Was lernen Sie da noch?
Die eigenen Verhaltensmuster werden mir da aufgezeigt. Wie verhalte ich mich während den Spielen? Ich muss mir bewusst sein, dass ich mit meinem Verhalten Einfluss auf meine Spieler und meine Mitmenschen habe.

Wie wichtig ist es für Sie, authentisch zu sein?
Ein Trainer muss authentisch bleiben. Aber authentisch heisst für mich, ich muss mir bewusst sein, was ich ausstrahlen möchte. Es heisst nicht, immer frisch frech von der Leber weg aufzutreten. Wenn ich etwas mache, dann will ich es bewusst so machen.

Seoane ist seit 97 Tagen Luzern-Coach.
Foto: TOTO MARTI

Die Person Seoane an einer Match-PK wirkt aber anders, als die Person, die hier am See sitzt.
Wenn man das erste Mal Super-League-Trainer ist, dann ist das Auftreten sicher die grosse Herausforderung. Darauf vorbereiten kann man sich zwar, aber nervös ist man zu Beginn trotzdem. Man will keinen Fehler machen. Ich hoffe, dass ich mit der Zeit lockerer werde.

Haben Sie denn Angst davor, Fehler zu machen?
Ich reflektiere mich oft. Ich weiss, dass ich häufig zu gut vorbereitet sein will. Das ist zwar nicht grundlegend schlecht, denn ich spiele ja nichts vor. Aber das Ziel muss sein, die Handbremse noch etwas lösen zu können.

2010 wurden Sie als Spieler aus der 1. Mannschaft des FCL geworfen. Was passierte damals?
Ich hatte einen längeren Vertrag beim FCL. Trainer Rolf Fringer hat damals so entschieden und mich in die U21 geschickt. Das hab ich nicht verstanden. Aufgrund von Hüftproblemen habe ich dann meine Karriere beendet. Aber ich fand mit dem Verein schnell eine Lösung und habe daraufhin die U15 des FCL übernommen.

Es wird gemunkelt, dass Sie den damaligen Trainer Fringer absägen wollten.
Das stimmt nicht. Rolf Fringer hat seine Gründe öffentlich geäussert. Das will ich nicht kommentieren. Das war seine Entscheidung. Aber ich habe es nicht verstanden und habe auch nicht das Gefühl, dass ich so etwas verdient gehabt hätte.

Gerado Seoane gibt an der Seitenlinie Anweisungen.

Waren Sie als Spieler ein Stinkstiefel?
Ich war kein schwieriger Spieler. Und man sollte einen Spieler nicht wegen einem einzigen Vorfall abstempeln. Ich spielte ja auch bei GC, La Coruna, Aarau und Sion und hatte da nie Probleme.

War dieser Rausschmiss im Nachhinein betrachtet ein Glücksfall?
Nachdem ich die U15 übernommen habe, wusste ich: Jetzt fängt etwas ganz Neues an. Aber schon vorher war mir klar, dass ich den Trainer-Weg gehen möchte. Schon als ich noch Spieler war. Diesen Weg habe ich bewusst über den Nachwuchs gewählt. Ich bin dem FCL dankbar, dass er mir das ermöglicht hat.

Wer ist Ihr Trainervorbild?
Wir haben in der Schweiz das grosse Glück, dass wir verschiedene Welttrainer haben. Ottmar Hitzfeld beispielsweise muss für uns alle ein Vorbild sein. Er hat alles: Die Sozialkompetenz, die Cleverness, die Abgeklärtheit.

Seoane am Ufer des Vierwaldstättersees in Horw LU.
Foto: TOTO MARTI

Ist eine Trainerstation im Ausland Ihr Ziel?
Jeder Schweizer Trainer will irgendwann in einer grossen Liga coachen. Aber eine Trainerkarriere kann man nicht planen. Ich bin seit neun Partien Super-League-Trainer. Es kommen noch viele Hürden auf mich zu. Nur ein paar Spiele zu gewinnen, macht noch keinen guten Trainer aus.

Am 14. Juni fängt die WM an. Ihre Eltern sind aus Spanien. Wem drücken Sie die Daumen?
Mein spanischer Pass ist ausgelaufen. Ich habe nur noch den Schweizer Pass. Aber für mich ist ohnehin klar: Ich drücke an der WM der Schweiz die Daumen.

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