Knapp drei Wochen ist es her, als das deutsche Nachrichtenmagazin «Spiegel» mit einer Reihe von brisanten Enthüllungen den europäischen Fussball in seinen Grundfesten erschütterte. Eines der Dossiers beschrieb, dass der FC Bayern München die rechtlichen Eventualitäten prüfte, die Bundesliga für eine aus europäischen Spitzenteams bestehende Super League zu verlassen. Schon 2021 sollte es demnach so weit sein.
Doch nun kommts zu einer spektakulären Kehrtwende im «Fall Bayern». Michael van Praag, Boss des holländischen Fussballverbands KNVB, sagt in einem Interview mit dem «Kicker», Real Madrid und Juventus Turin seien die treibenden Kräfte hinter den Super-League-Plänen gewesen. Bayern hätte kein Interesse an einem solchen kontinentalen Wettbewerb gehabt. Im Gegenteil: Die Klub-Bosse um Hoeness und Rummenigge sollen sich entschieden dagegen gestellt haben.
«Ich schwöre: Rummenigge hat alles unternommen, um die Sache zu normalisieren, um Klubs und Uefa an den Tisch zu bekommen. Er sagte: ‹Wir brauchen keine Super League und werden die Bundesliga nie verlassen, weil wir überall in Deutschland Fans haben›», sagt Van Praag.
Diese Äusserungen lassen die Bayern-Bosse in einem anderen als bis anhin gezeichneten Licht dastehen. Uli Hoeness hatte sich schon nach den «Spiegel»-Enthüllungen gegen diese Behauptungen gewehrt, kündigte gar eine Klage gegen das Nachrichtenmagazin an. Die Berichterstattung sei «Wahnsinn».
Dass die Einführung einer Super League in internationalen Gremien diskutiert wurde, streitet niemand ab. Aber, so Hoeness, sei das Thema «auch bei uns im Aufsichtsrat behandelt worden. Dort wurde es einstimmig abgelehnt. Damit war die Sache vom Tisch.»
Real und Juve sind die «Bösen»
Die Bayern sind für Fussball-Romantiker vielleicht so etwas wie die Retter. Treibende Kräfte pro Super League sollen gemäss Van Praag eben Real Madrid und Juventus Turin gewesen sein. Der Holländer: «Sie (Real und Juve, d. Red.) sagten der Uefa: ‹Wir können so viel verdienen, dass wir das machen – es sei denn, die Champions League wird für uns interessanter.› Es sollte um 250 Millionen pro Verein gehen.»
Die Verantwortlichen von Real Madrid seien dabei ziemlich forsch vorgegangen. «Es war eine Drohung, aber nicht von Bayern München, sondern von Real Madrid. Und zwar eine schwere. Man benutzte da Worte, die ich nicht wiederholen möchte», so Van Praag.
Um die Giganten aus Italien und Spanien zufrieden zu stellen, machte Bayern-Vorstands-Chef Rummenigge, der bei den Verhandlungen noch Vorsitzender der Klub-Vereinigung ECA war, einen Vorschlag, die Ausschüttungen an die Vereine neu zu verhandeln.
Damit sollte den Top-Klubs der vier Top-Ligen die Möglichkeit gegeben werden, noch mehr Geld zu generieren. Das Resultat: Vier fixe Startplätze für die Bundesliga, LaLiga, die Premier League und die Serie A. Wie es nun der Fall ist. (leo)
Es sind Tausende interne Dokumente, E-Mails und vertrauliche Sitzungsprotokolle, die illegal beschafft und dem «Spiegel» zugespielt wurden. Mithilfe von diesen geht das Nachrichten-Magazin zusammen mit seinem Recherche-Netzwerk auf Gianni Infantino (48) los und kommt zum Schluss: «Er ist nur der nächste Despot, der sich den Fussball untertan macht.»
BLICK fasst die Vorwürfe gegen den Fifa-Boss zusammen.
Der Fall Paris SG. Als Generalsekretär der Uefa soll Infantino 2014 einen Deal mit Paris SG gemacht und die Regeln des sogenannten Financial Fairplays (ein Klub darf nur ausgeben, was er einnimmt) ausgehebelt haben. Konkret wollte PSG-Boss Nasser al-Khelaifi 215 Millionen Euro pro Jahr in den Klub pumpen – und sollte dafür von Paris SG Dienstleistungen bekommen, die gemäss Experten nur 2,79 Millionen Euro wert waren. Infantino verhandelte mit dem Scheich, suchte Kompromisse. Mehr Gegenleistungen für Katar, mehr Geld für PSG. Man fand sich bei 100 Millionen Euro pro Jahr. «Damit segnete er de facto ein Finanzdoping ab», schreibt der «Tages-Anzeiger». Die Fifa hält dagegen, der Uefa-Generalsekretär dürfe bei solchen Abmachungen assistieren, «um Lösungen zu finden».
Der Charter-Vorwurf. Allein im Dezember 2017 sei Infantino fünf Mal mit einem Charter geflogen, schreibt der «Spiegel». Für 47'000 Euro von Zürich nach Kuwait, für 58'000 Euro von Genf über Riad nach Dubai.
Der Ethik-Kodex-Vorwurf. In einem E-Mail vom 17. Dezember 2017 von Fifa-Richter Vassilios Skouris an Infantino steht: «Lieber Gianni, wie versprochen schicke ich dir den Entwurf des Kodex. (...)» Falls der Boss Anmerkungen habe, solle er diese schicken. Infantino schlägt bei zwölf Artikeln Änderungen vor. Ex-Fifa-Richter Hans-Joachim Eckert sieht darin einen «klaren Verstoss gegen den Kodex und die Statuten der Fifa». Der Weltverband meint, es sei für Infantino als erfahrenen Juristen «ganz natürlich», dass er mit Skouris einen solchen Austausch pflege.
Der Super-Freundinnen-Vorwurf: 2017 werden der Schweizer Ermittler Cornel Borbély und Richter Eckert als Chefs der Ethikkommission abgesetzt. Ersetzt wird Borbély durch Maria Claudia Rojas, eine Verwaltungsrichterin aus Kolumbien. Vorgeschlagen worden war sie durch den Chef des kolumbianischen Fussball-Verbands, der seinem Dachverband Conmebol schrieb, sie sei eine «Deluxe-Kandidatin», «fussballverrückt» und eine «Superamiga», eine Superfreundin von ihm. Sie stellte allfällige Ermittlungen gegen Infantino sofort ein. Und war an der WM mit Kindern vor Ort. Eckert ätzt deswegen: «Ich wüsste nicht, was die Rechtfertigung für mich gewesen wäre, die ganze WM im Fifa-Hotel zu verbringen.» Der Fifa stösst sauer auf, dass Eckert (Fifa-Gehalt lag bei 300'000 US Dollar pro Jahr) sich nun immer wieder äussert («Wir wurden gestoppt, weil wir unabhängig ermittelt haben – auch gegen Herrn Infantino selbst»). Der Standpunkt des Weltverbands: Eckert habe dem Treiben unter Sepp Blatter selbst lange zugeschaut und nicht eingegriffen.
Die absurden Vorwürfe, Infantino grüsse nicht, wenn er Mitarbeiter im Gang sehe, und er rauche auf der Mitarbeiterbrücke, erzählen anonyme Quellen. «Büroklatsch», nennt es die Fifa, keine harten Fakten. Wie auch die Unterstellung, dass Infantino einen Audi Q7, einen Hyundai-Geländewagen und einen S-Klasse-Mercedes 500 fahre. Nach SonntagsBlick-Informationen wollte Infantino den Mercedes zurückgeben, um den Wagen von Sponsor Hyundai zu fahren. Doch Fifa-interne Mitarbeiter stoppten die Rückgabe, da der Ausstieg aus dem Leasing-Vertrag die Fifa Geld gekostet hätte.
Das sagt die Fifa
Der Weltfussball-Verband spricht davon, dass die meisten ihrer «ehrlichen und offenen Antworten» auf mehrere Hundert Fragen vom Recherche-Desk «ignoriert» worden seien. Man habe nur das Ziel, «die neue Fifa-Führung um Infantino und Generalsekretärin Fatma Samoura zu untergraben». Die Fifa vermutet, dass frustrierte Ex-Mitarbeiter durch gezieltes Streuen falscher Gerüchte über Infantino hinter den Attacken stehen. Infantino selbst sagt: «Ich war immer auf starke Opposition eingestellt, besonders von denen, die sich nicht mehr schamlos am System bedienen können, von dem sie Teil waren.»
Ruhiger wird es um ihn kaum werden. Im Juni 2019 steht die Wahl zum Fifa-Präsidenten an. Infantino wird wieder kandidieren. (abö)
Es sind Tausende interne Dokumente, E-Mails und vertrauliche Sitzungsprotokolle, die illegal beschafft und dem «Spiegel» zugespielt wurden. Mithilfe von diesen geht das Nachrichten-Magazin zusammen mit seinem Recherche-Netzwerk auf Gianni Infantino (48) los und kommt zum Schluss: «Er ist nur der nächste Despot, der sich den Fussball untertan macht.»
BLICK fasst die Vorwürfe gegen den Fifa-Boss zusammen.
Der Fall Paris SG. Als Generalsekretär der Uefa soll Infantino 2014 einen Deal mit Paris SG gemacht und die Regeln des sogenannten Financial Fairplays (ein Klub darf nur ausgeben, was er einnimmt) ausgehebelt haben. Konkret wollte PSG-Boss Nasser al-Khelaifi 215 Millionen Euro pro Jahr in den Klub pumpen – und sollte dafür von Paris SG Dienstleistungen bekommen, die gemäss Experten nur 2,79 Millionen Euro wert waren. Infantino verhandelte mit dem Scheich, suchte Kompromisse. Mehr Gegenleistungen für Katar, mehr Geld für PSG. Man fand sich bei 100 Millionen Euro pro Jahr. «Damit segnete er de facto ein Finanzdoping ab», schreibt der «Tages-Anzeiger». Die Fifa hält dagegen, der Uefa-Generalsekretär dürfe bei solchen Abmachungen assistieren, «um Lösungen zu finden».
Der Charter-Vorwurf. Allein im Dezember 2017 sei Infantino fünf Mal mit einem Charter geflogen, schreibt der «Spiegel». Für 47'000 Euro von Zürich nach Kuwait, für 58'000 Euro von Genf über Riad nach Dubai.
Der Ethik-Kodex-Vorwurf. In einem E-Mail vom 17. Dezember 2017 von Fifa-Richter Vassilios Skouris an Infantino steht: «Lieber Gianni, wie versprochen schicke ich dir den Entwurf des Kodex. (...)» Falls der Boss Anmerkungen habe, solle er diese schicken. Infantino schlägt bei zwölf Artikeln Änderungen vor. Ex-Fifa-Richter Hans-Joachim Eckert sieht darin einen «klaren Verstoss gegen den Kodex und die Statuten der Fifa». Der Weltverband meint, es sei für Infantino als erfahrenen Juristen «ganz natürlich», dass er mit Skouris einen solchen Austausch pflege.
Der Super-Freundinnen-Vorwurf: 2017 werden der Schweizer Ermittler Cornel Borbély und Richter Eckert als Chefs der Ethikkommission abgesetzt. Ersetzt wird Borbély durch Maria Claudia Rojas, eine Verwaltungsrichterin aus Kolumbien. Vorgeschlagen worden war sie durch den Chef des kolumbianischen Fussball-Verbands, der seinem Dachverband Conmebol schrieb, sie sei eine «Deluxe-Kandidatin», «fussballverrückt» und eine «Superamiga», eine Superfreundin von ihm. Sie stellte allfällige Ermittlungen gegen Infantino sofort ein. Und war an der WM mit Kindern vor Ort. Eckert ätzt deswegen: «Ich wüsste nicht, was die Rechtfertigung für mich gewesen wäre, die ganze WM im Fifa-Hotel zu verbringen.» Der Fifa stösst sauer auf, dass Eckert (Fifa-Gehalt lag bei 300'000 US Dollar pro Jahr) sich nun immer wieder äussert («Wir wurden gestoppt, weil wir unabhängig ermittelt haben – auch gegen Herrn Infantino selbst»). Der Standpunkt des Weltverbands: Eckert habe dem Treiben unter Sepp Blatter selbst lange zugeschaut und nicht eingegriffen.
Die absurden Vorwürfe, Infantino grüsse nicht, wenn er Mitarbeiter im Gang sehe, und er rauche auf der Mitarbeiterbrücke, erzählen anonyme Quellen. «Büroklatsch», nennt es die Fifa, keine harten Fakten. Wie auch die Unterstellung, dass Infantino einen Audi Q7, einen Hyundai-Geländewagen und einen S-Klasse-Mercedes 500 fahre. Nach SonntagsBlick-Informationen wollte Infantino den Mercedes zurückgeben, um den Wagen von Sponsor Hyundai zu fahren. Doch Fifa-interne Mitarbeiter stoppten die Rückgabe, da der Ausstieg aus dem Leasing-Vertrag die Fifa Geld gekostet hätte.
Das sagt die Fifa
Der Weltfussball-Verband spricht davon, dass die meisten ihrer «ehrlichen und offenen Antworten» auf mehrere Hundert Fragen vom Recherche-Desk «ignoriert» worden seien. Man habe nur das Ziel, «die neue Fifa-Führung um Infantino und Generalsekretärin Fatma Samoura zu untergraben». Die Fifa vermutet, dass frustrierte Ex-Mitarbeiter durch gezieltes Streuen falscher Gerüchte über Infantino hinter den Attacken stehen. Infantino selbst sagt: «Ich war immer auf starke Opposition eingestellt, besonders von denen, die sich nicht mehr schamlos am System bedienen können, von dem sie Teil waren.»
Ruhiger wird es um ihn kaum werden. Im Juni 2019 steht die Wahl zum Fifa-Präsidenten an. Infantino wird wieder kandidieren. (abö)