Confed-Cup ist, wenn ...
Das denkt Ottmar Hitzfeld über die Mini-WM

Dass Cristiano Ronaldo mit der portugiesische Nationalmannschaft am Confed-Cup teilnimmt, anstatt Ferien zu machen, imponiert BLICK-Kolumnist Ottmar Hitzfeld. «Vor dieser Einstellung kann ich nur den Hut ziehen.»
Publiziert: 17.06.2017 um 12:06 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 22:30 Uhr
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Russische Fans hoffen auf Siege und viele spektakuläre Spiele.
Foto: imago sportfotodienst

Confed-Cup ist, wenn...

… die besten Fussball-Teams aller FIFA-Konföderationen in einem Turnier vereint sind: Weltmeister Deutschland, Europameister Portugal, Copa-America-Sieger Chile, WM-Organisator Russland, Afrika-Champion Kamerun, Concacaf-Gewinner Mexiko, Asien-Meister Australien und Ozeanien-Meister Neuseeland. 

… die Kritiker aus allen Herren Länder sich für einmal einig sind. Denn: Der Zeitpunkt der Austragung ist nach und vor langen Meisterschaften, wenn Ligen für die Spieler ihrer Klubteams Urlaub fordern. Erholung statt Turnierspiele. Regeneration statt Mittel zum Zweck.

…wenn Nationaltrainer Kompromisse machen und trotzdem nicht aus ihrer Haut können. Jogi Löw etwa gewährt seinen Schlüsselspielern, die auch Schlüsselspieler in den grossen Klubs der grossen Ligen sind, nicht zuletzt auf Druck der starken Ligen und Vereine eine Auszeit. Aber wenn er scheinbar mit einer B-Auswahl antritt, tut der alte Fuchs das eben auch mit dem Ziel zu sehen, wer sich fürs A-Team und den WM-Kader aufdrängt.

…wenn Starspieler keine Kompromisse machen und auch diesen Titel gewinnen wollen. Das beste Beispiel hierfür ist Cristiano Ronaldo. Er hat auch Ferien nötig und diese wahrlich verdient. Aber ob mit Real Madrid oder mit Portugals Landesauswahl: Wenn eines seiner Teams einen Pokal holen kann, ist der da, steht er mit Leib und Seele zur Verfügung. Vor dieser Einstellung kann ich nur den Hut ziehen.

… wenn Fans und Fachleute aus aller Welt den sportlichen Stellenwert trotz allen Top-Namen nicht allzu hoch einstufen, aber dennoch sehen wollen und werden, wie die so genannt kleineren Nationen weitere Fortschritte gemacht haben. Und wie ihr Abstand ist zu den stärker eingestuften Ländern. Oder von den Europäern zu den Südamerikanern: Kleiner, konstant oder gar grösser?

…wenn der Gastgeber sportlich unter grossem Druck steht. Das vorwiegend einheimische Publikum will nicht nur einwandfreie Leistungen, sondern auch Siege sehen. Dass Russland derzeit nicht unter den Top 50 der Welt, gerät in Vergessenheit. Das habe ich vor vier Jahren bei der WM-Reko mit dem Schweizerischen Fussballverband beim Spiel in Salvador zwischen Brasilien und Italien erlebt. Brasilien noch in der Findungsphase, doch 60'000 heissblütige Südamerikaner im Stadion wollten nicht Experimente, sondern Tore und den Sieg.

…wenn der Gastgeber organisatorisch noch unter viel grösserem Druck steht und die immer gleiche Antwort – JA! – parat haben muss auf eine Menge Fragen wie: Sind die Stadien bereit und auch die Team-Standorte WM-tauglich? Sind die Reisen ins und im Land effizient und ohne Behördenkram möglich? Wird der reaktivierte Slogan «Die Welt zu Gast bei Freunden» tatsächlich gelebt, das Hooligan-Problem gelöst sein und der Sport von Politik getrennt stattfinden können?

…wenn der Schweizerische Fussballverband eine Delegation entsendet, um sich ein Jahr vor der Weltmeisterschaft vor Ort selber profunde Kenntnisse zu verschaffen über den Stand aller für das Schweizer Nationalteam relevanten Aspekte. Was nächste Woche stattfindet, habe ich vor vier Jahren erlebt. Alles top organisiert, was Reisen und Unterkünfte anbelangt. Alles hoch professionell aufgegleist, was Besichtigungen von möglichen und vorher super seriös evaluierten Team Base Camps betrifft. Der SFV überlässt nichts dem Zufall, bringt seine Erfahrung aus nunmehr drei WM-Endrunden in Folge ins Spiel. Im Lead sind noch immer die gleichen kompetenten Leute, und die müssen sich längst nicht mehr für derlei Aufwand rechtfertigen, sondern dürfen Anerkennung und Respekt für auch diesen Teil ihrer Arbeit erleben. Wohl verdiente Anerkennung und hart erarbeiteten Respekt!

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