Das meint BLICK zur Tuchel-Entlassung
Der Terror hat doch gesiegt

Dortmund trennt sich trotz erfolgreicher Saison von Trainer Thomas Tuchel. Eine Todsünde von Boss Hans-Joachim Watzke, der sein Ego über den Verein stelle, meint BLICK-Autor Ernst Kindhauser.
Publiziert: 30.05.2017 um 17:43 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 02:10 Uhr
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Thomas Tuchel lächelt, aber sein Rausschmiss bei Dortmund tut ihm sehr weh.
Foto: Imago

Laut Duden gibt es nur ein deutsches Wort, das sich auf Watzke reimt. Fatzke. Ein von sich eingenommener, bisweilen arroganter Mensch.

Fatzke Watzke? Dortmund-Boss Hans-Joachim Watzke feuert Trainer Thomas Tuchel. Zuvor hat er ihn wochenlang systematisch demontiert – in der entscheidenden Phase der Saison.

Wer sein Ego über seinen Verein stellt, betreibt eine Hochrisiko-Strategie. Dass sie aufging, verdankt Watzke dem Geschassten und seinem Team, die dem Druck standhielten. Sie holten den Pokal und qualifizierten sich direkt für die Königsklasse.

Das verdient den allergrössten Respekt. Die Fans sehen es genauso. Nach dem Pokalfinal skandierten sie «Thomas Tuchel»-Sprechchöre. In einer «Spiegel»-Umfrage gaben 50% an, Tuchel müsse bleiben, 30% hingegen forderten, Watzke solle sich vom Acker machen.

Sie ahnen: Tuchel ist der begabteste Coach Deutschlands. Ein Innovator, der sich an der Weltspitze orientiert. Er will gewinnen – und schön spielen.

Fatzke Watzke genügt das nicht. Mit Tuchels Entlassung startet er neuerlich ein Hochrisiko-Experiment. Was, wenn Tuchels Nachfolger die sportlichen Probleme nicht löst - weitere Abgänge von Schlüsselspielern wie Aubameyang, das von Watzke mitverursachte Gefälle zwischen Offensive und Defensive?

Dann scheitert Watzke – und mit ihm das vielversprechendste Team Europas. Auch deshalb erinnert sein Gebaren an einen Sonnenkönig, beispiellos in einer Branche, die einzig Erfolg als Massstab akzeptiert.

Watzke und Tuchel lagen sich seit längerem über Kreuz. Das Zerwürfnis gemahnt an Familien, die über Krimskrams streiten und schliesslich an einem Schicksalsschlag zerbrechen.

Letztlich ging es um die zentrale Frage: Wer hat sich nach dem Bombenanschlag auf den Mannschaftsbus richtig verhalten? Wie reagiert man auf Terror? Und es ging, wie meist unter Männern, einfach um die Machtfrage: Wer hat recht?

Tuchel sass im Bus, als unter ihm ein Eisengeschoss einschlug. Das macht ihn zwar nicht glaubwürdiger, aber um eine Erfahrung reicher, die man Watzke nicht wünscht. Tuchel meisterte das Krisenmanagement mit Bravour, wäre es anders, all die Altstars, die jetzt hinterhertreten, hätten sich medial ausgeheult. «Besondere Leistungen erbringen Trainer und Team dann, wenn sie eine Verbindung haben, sonst nicht», sagt Tuchel. Wie wahr.

Gewiss, Tuchel ist ein sperriger Charakter. Dem Klischee des Tscholi-Kickers entspricht er nicht. Wie jeder grosse Trainer verfolgt er seine Ideen mit Verve. «Was ich tun kann, tue ich, mit Herz und Leidenschaft, auf meine Art und Weise.»

Tuchel wählt gewagte Aufstellungen, rasiert alternde Stars, zieht sein Konzept kompromisslos durch. Dabei wirkt er kommunikativ nicht immer gut beraten. Künftig muss er lernen, dass man auch diplomatisch sein kann, ohne sich zu verbiegen.

Die Borussia, dieser «Echte Liebe»-Klub, fuhr eine Saison Geisterbahn. Am Ende trennen sich Trainer-Hoffnung und Talentschuppen – statt sich auszusöhnen, am Schicksalsschlag zu wachsen - und die Bundesliga zu erobern.

Man wagt es kaum zu sagen: Der Terror hat doch gesiegt.

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