BLICK:Herr Weiler, Aarau und Nürnberg sind nach Ihrem Abgang schlechter geworden: Sind Sie ein Hellseher?
René Weiler: Nein, und ich kann auch nicht beurteilen, was nach mir war, alles lief. Mein oberstes Ziel als Trainer ist es, Spieler und Mannschaft besser zu machen. Ich glaube, das ist mir an den Orten, an denen ich gearbeitet habe, gelungen.
Laufen Sie davon, wenn es schwierig wird?
In Aarau war ich dreieinhalb Jahre, obwohl die Möglichkeiten dort beschränkt waren. Ich hatte das Gefühl, dass ich dort nicht mehr viel mehr würde erreichen können. Da muss man ehrlich sein, denn als Trainer braucht man volle Power. Für mich war der Zeitpunkt gekommen, einen Schnitt zu machen. In Nürnberg war es so, dass ich von Anderlecht ein Angebot erhielt. Und ich schätze Anderlecht ein wenig höher ein als Nürnberg. Vielleicht war mein Abgang bei Aarau etwas unschweizerisch und wurde nicht von allen verstanden. Wenn ein Trainer geht, dann kostet das den Verein meistens Geld. Meine Abgänge haben beiden Vereinen Geld eingebracht.
Nach ihrem Abgang bei Nürnberg hat man sich auf Sie eingeschossen. Prallt das an Ihnen ab?
Ich lasse das nicht zu nahe an mich ran. Die Medien brauchen ihre Geschichten. Ich bin immer wieder erstaunt, wie viele Leute mich beurteilen, obwohl sie mich überhaupt nicht kennen. Selbst meine Frau sagt gelegentlich, dass sie mich noch nicht ganz kennt, obwohl wir zusammen leben. Aber ich muss akzeptieren, dass einige Leute keine Freude hatten an meinem Abgang in Nürnberg.
Der Druck in Anderlecht ist gross: Sie müssen Meister werden!
Anderlecht ist dreimal hintereinander nicht Meister geworden, das Ziel ist natürlich, dass wir Erster werden. Ich habe gelernt, dass nur Siege helfen. Dafür werde ich alles unternehmen.
Ist die Zitrone in Anderlecht auch schon wieder ausgepresst?
Beziehen Sie das jetzt auf Aarau?
Vielleicht haben Sie gemerkt, dass es schwierig wird mit dem Titel …
Aarau war in der Challenge League. In Nürnberg war es so, dass auch da die finanziellen Mittel beschränkt waren. Das ist in Anderlecht anders. Wir können um den Titel mitspielen, obwohl die belgische Liga sehr stark und ausgeglichen ist. Das wird unterschätzt, weil wir hier in einem kleinen Land sind. Ich bin nicht überrascht, das Belgien bis vor kurzem die Weltnummer 1 war im Fussball.
Sie gelten als intellektueller Trainer. Wie beschreiben Sie sich?
Ich bin ein einfacher Mensch. Klar, ich habe Ansprüche, an mich, an die Mannschaft und den Klub. Es war mir immer wichtig, mich neben dem Fussball weiterzubilden. Ich bin ehrgeizig, will neue Sachen entdecken. Als Trainer lernt man nie aus. Intellektuell bin ich deswegen nicht. Es gibt ganz viele Leute, die intelligenter sind als ich. Aber die Weiterbildung ist ganz wichtig.
Wann werden Sie Trainer in Basel?
Im Moment ist es gut so, wie es ist. Basel ist das höchste aller Gefühle in der Schweiz. Aber sie haben einen guten Trainer. Sie sind seit Jahren gut aufgestellt. Meine Gegenwart heisst Anderlecht.
FCB-Sportchef Georg Heitz hat Sie noch nicht angerufen?
Nein, er hat im Moment andere Arbeiten zu erledigen.
Kann es sein, dass Sie von einem Tag auf den anderen aufhören mit Fussball?
Das ist nicht ausgeschlossen.
Warum das?
Bei allem, was man macht, steht die Zufriedenheit im Vordergrund. Neben der Gesundheit. Fussball ist hochinteressant, aber auch sehr schwierig. Als Trainer gibt es sehr viel Abreibung. Ich versuche, nicht zu weit vorauszuschauen. Im Moment stimmt es für mich. Ich habe den Elan und den Ehrgeiz. Sollte dies eines Tage nicht mehr der Fall sein, dann werde ich ehrlich mit mir selber sein.