BLICK: Herr Frei, wie gehts nach dreieinhalb Monaten ohne Job?
Alex Frei: Sehr gut, vielen Dank. Ich verbringe viel Zeit mit meiner Familie und kann mich gut erholen. Ich stehe früh mit den Kindern auf und habe so meinen geregelten Tagesablauf. Wir waren zusammen Ski und Schlitten fahren. Meine Batterien sind fast wieder aufgeladen.
Gut erholen? Batterien aufladen? Klingt irgendwie nach Burnout.
Man sollte vorsichtig umgehen mit solchen Schlagwörtern. Ich habe einfach für mich selber gemerkt, dass die letzten vier, fünf Monate als FCL-Sportchef brutal waren. Wenn ich abends nach Hause kam, wollte ich den Fussball vor der Türe lassen. Das ist mir nicht mehr gelungen. Ich konnte nicht mehr abschalten.
Wie äusserte sich das?
Ich schlief noch zwei, drei Stunden pro Nacht. Sehnte mich danach, sofort wieder arbeiten gehen zu können. Aber nicht aus Spass. Sondern weil du sofort wieder etwas ändern oder anpacken willst, weil du keine Punkte holst ... Meine Familie litt darunter, das spüre ich jetzt im Nachhinein. Meine Frau sagt mir, es sei schön, wie ich heute am Esstisch sei. Vorher sei ich immer abwesend gewesen, hätte nie zugehört. Mein Akku war einfach leer, ich war einfach kaputt.
Erklären Sie doch mal in ein paar Sätzen, warum es in Luzern zur Trennung kam.
Sehen Sie, ich bin keiner, der Abrechnungen oder Schuldzuweisungen macht. Selbstverständlich habe ich Fehler gemacht, würde den einen oder anderen Personalentscheid anders fällen. Ich finde nach wie vor, dass wir eine gute Mannschaft zusammengestellt haben. Aber am Schluss wirst du Opfer der Ergebnisse. Und die Resultate waren im Endeffekt enttäuschend für alle Beteiligten.
Wie viele Spiele des FC Luzern haben Sie gesehen in der Rückrunde?
Eines, jenes in Sion. Ansonsten schaue ich die ARD-Sportschau und die Zusammenfassungen der Champions League.
Würden Sie mit Luzern-Investor Walter Stierli in die Ferien gehen?
Ich bin ganz glücklich so, wie mein Leben jetzt ist.
Sind Sie denn wirklich freiwillig zurückgetreten?
Ja. Ruedi Stäger, der Präsident, war über meine Gemütslage und meine Sicht der Dinge sehr früh eingeweiht. Ich denke, dass ich sonst auch heute noch Luzern-Sportchef wäre, wenn ich gewollt hätte. Aber es war für alle Beteiligten das Beste. Wenn ich sehe, wie’s mir geht, was meine Frau, meine Tochter und mein Sohn mir geben, dann bereue ich keine Sekunde. Das Leben kann so schön sein – auch ohne stets in der Öffentlichkeit zu stehen.
Ihren Kopf täglich in der Zeitung zu sehen, das fehlt Ihnen nicht?
Überhaupt nicht. Seit drei Monaten habe ich vielleicht vier Mal eine Zeitung gekauft. Von diesem ganzen Brimborium, das zum Sport und auch zu meiner Person gehört, fehlt mir nichts. Auch darum sehe ich mich in naher Zukunft nicht in der vordersten Reihe im Profi-Fussball. Sondern eher im Junioren-Bereich.
Das heisst: Wenn der FC Basel oder YB Sie als Sportchef will, sagen Sie ab?
Ja, ich würde absagen, klar. Nicht wegen dem Klub, sondern wegen den Folgen für mein Leben, die daraus entstehen. Nochmals: Ich will in naher Zukunft nicht mehr in den Profi-Fussball, wo du tagtäglich im Rampenlicht stehst. Auf den Punkt gebracht: Ich fühle mich mit mir im Reinen. Ich will nicht mehr jeden zweiten Tag im medialen Fokus sein. Vielleicht ist das in fünf oder zehn Jahren wieder anders, aber jetzt gerade fühle ich mich sehr wohl dabei.
Wie sehen Sie den Schweizer Fussball mit ein wenig Distanz?
Generell stelle ich im Fussball fest, dass die Schere immer grösser wird zwischen den Klubs, die Geld haben, und den kleineren Vereinen. Mich persönlich stört in der Super League, dass alle schon mit der weissen Flagge in die Saison starten.
Heisst: YB und der FCZ sollten mit dem Ziel Meister-Titel in die Saison?
Ich glaube, als YB oder FCZ sollte man Meister-Ambitionen hegen, ja. Das ist so. Es sind diese beiden Klubs, die den FCB kitzeln könnten.
Apropos kitzeln: Hat es seit Ihrem Rücktritt 2013 nie mehr gejuckt, selber zu spielen?
Nein. Was mir fehlt, ist die Natur. Jeden Tag, ob bei Sonne oder Schnee, auf dem Platz zu stehen. Dreckig zu werden. Die Stadien, das Adrenalin oder so fehlten mir nie, nein. Und so geniesse ich es heute, drei Mal die Zweitliga-Spieler von Timau mitzutrainieren. Und bei den Senioren von Biel-Benken aufzulaufen.
Werden Sie im Senioren-Fussball hart attackiert?
Ich schaue schon, dass das nicht passiert. Meistens ist man fair zu mir, oder sie tun sich selber weh. Nur mein Bruch des Jochbeins in einem Spiel war unnötig.
Holen Sie im Sommer Marco Streller zu Biel-Benken?
Also die Tür steht weit offen. Es wäre wünschenswert, wenn er zu uns käme. Ich habe ihm ein Angebot gemacht, das Leibchen ist reserviert, er muss nur noch Ja sagen. Auch David Degen hat ein Angebot.
Frei und Streller – das wäre aber ein schönes Sturm-Duo bei den Senioren.
Ich spiele meistens im Mittelfeld ...