Er könne seine Gefühle kaum beschreiben und zittere am ganzen Körper. Überhaupt sei es der schönste Tag seines Lebens. Das sagt Tristan Scherwey im Oktober 2009. Der damals 18-jährige Stürmer erzielt gegen Stammklub Fribourg sein erstes NLA-Tor, verrät aber: «Eigentlich teile ich ja lieber Checks aus. Ich mag es, wenn die Gegner nach einer fairen Charge zu Boden gehen.»
Fair war dann aber beileibe nicht jeder Check. 17 Spielsperren hat der Stürmer bis heute verbüsst. Immer wieder bewegt er sich im Grenzbereich des Erlaubten. Oft scheiden sich an Scherweys Aktionen die Geister. «Mache ich etwas, gibt es sofort Gesprächsstoff», sagt er, stört sich aber nicht daran. «Mir ist egal, was die Leute denken. Ich gehe nicht aufs Eis, um andere zu verletzen, aber ich gehe auch nicht aufs Eis, um mir Freunde zu machen.»
Aufgeben gibts bei Scherwey nicht. Gegen Klotens Daniele Grassi setzte er gar zu einem Check an, als das Spiel beim Stand von 1:7 längst entschieden war. Den entstandenen Vorwurf der Respektlosigkeit quittiert das Energiebündel mit einem Kopfschütteln. «Wie kann man so etwas sagen? Ein Spiel dauert 60 Minuten. Und vielleicht hat der Trainer von uns ja auch Einsatz bis am Schluss gefordert. Ich will mein Bestes geben. Sonst können wir das Spiel gleich abbrechen.»
Trainer Larry Huras sei es gewesen, der ihm gezeigt habe, wie er spielen müsse. «Ich kam nicht in die NLA, weil ich technisch dominierte. Ich lebe nicht von meinem Talent, aber ich war immer bissig.»
Davon können die Gegner ein Lied singen. «Mich hat er genervt», gibt Teamkollege und Ex-Kloten-Stürmer Simon Bodenmann zu. «Es ist mühsam, gegen ihn zu spielen. Aber Tristan ist ein Vorzeigeathlet, der alles fürs Team macht.»
Der uneigennützige Scherwey sagt, er wolle die Drecksarbeit erledigen, Boxplay spielen, sich in Schüsse werfen. «Lieber kriege ich was ab und fehle eine Woche, als dass es Plüss oder Arcobello erwischt.»
Der Fribourger hat sich längst in die Herzen der SCB-Fans gespielt, ist aber nicht überall beliebt. «Im Ausgang kommt es vor, dass mir Leute ihre Meinung sagen. Eine halbe Stunde später aber lachen wir. Und dann heisst es oft: Eigentlich bist du ein ganz guter Typ.»
Der Stürmer mit dem Lausbuben-Gesicht, der in der Schule nur Flausen im Kopf hatte, dem Lehrer auch mal die Hosen anmalte und der jeden Montag bei SCB-CEO Marc Lüthi antraben musste, ist höflich, zuvorkommend und stets gut gelaunt. «Ich bin feinfühlig. Passiert etwas Trauriges, bin ich der Erste, der in Tränen ausbricht. Dass ich Gölä höre, sagt schon vieles. Ich wünschte mir, er stünde mal bei uns in der Garderobe.»
Hart auf, sensibel neben dem Eis. Und doch hat sich Scherwey im Vergleich zu 2009 verändert. Heute sagt er nämlich: «Am liebsten würde ich gar nie checken. Das würde bedeuten, dass wir ständig in Scheibenbesitz wären.»