Doug Honegger
Top-Talent der NHL geht nach Hause

Doug Honegger beleuchtet exklusiv für BLICK den nordamerikanischen Sportalltag. Heute beleuchtet er den Fall des Erstrunden-Draftpicks Jonathan Drouin.
Publiziert: 26.01.2016 um 15:02 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 02:10 Uhr
Jonathan Drouin (l.) gegen die New York Rangers.
Foto: USA Today Sports
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Doug Honegger
Doug Honegger beleuchtet exklusiv für Blick.ch den nordamerikanischen Sportalltag.

Der Top-Draftpick Jonathan Drouin (Nr. 3, 2013) wollte Tampa Bay verlassen, wurde in die AHL deportiert und ist nun suspendiert worden.
Wie kam es zu diesem Debakel?

Bis es mit der Karriere in der NHL so weit ist, müssen manchmal selbst besonders talentierte Spieler erstmal Geduld an den Tag legen. Direkt von der Juniorenliga auf die grosse Bühne des Welteishockeys?

Das gelingt nicht allen. Roman Josi (an 38. Stelle ausgewählt), Nino Niederreiter (5.) oder Sven Bärtschi (13.) mussten sich allesamt den Regeln des Geschäfts beugen und ihre Sporen in der Ausbildungsliga AHL abverdienen.

Jonathan Drouin nicht. Tampa Bay wählte den Kanadier 2013 an dritter Stelle, liess ihn aber noch ein Jahr in der Juniorenliga reifen. 2014 kam er in die NHL und absolvierte seither 89 Partien und erreichte 40 Skorerpunkte.

Im Vergleich mit seinen Firstround-Konkurrenten Nathan McKinnon, Alexander Barkow oder Seth Jones, die sich direkt nach dem Draft in der NHL etablierten, ist das wenig. Für einen Spieler, der nie das Vertrauen seines Trainers bekam, trotzdem eine ganze Menge.

Lightning-Coach Jon Cooper soll die Spieler, die er aus seiner Zeit als Trainer des Tampa-Farmteams Norfolk kennt, bevorzugt behandeln. Unter diesen Bedingungen leidet übrigens nicht nur Jonathan Drouin, sondern auch Superstar Steven Stamkos.

Die Scouting-Abteilung hatte Drouin ursprünglich als Spielmacher für den Scharfschützen Stamkos rekrutiert, aber Cooper hatte andere Pläne: Der junge Mann mit der glänzenden Übersicht und den feinen Händen musste in den hinteren Reihen als Rollenspieler Dreck fressen.

Von wachsender Hoffnungslosigkeit getrieben griffen Drouin und sein Berater zum letzten Strohhalm: Sie verlangten einen Transfer und machten ihr Begehren öffentlich. Die Reaktion des Managements: Ab in die AHL.

Drouin vermutete darin wohl ein Anzeichen für einen bevorstehenden Wechsel innerhalb der NHL und akzeptierte.

Sieben Spielen machte Drouin dann in der AHL, aber ein Transfer blieb aus. Dann ging er nach Hause. Verweigerte die Teilnahme. Streikte. Und Tampa Bay suspendierte ihn schnurstracks. 

Die NHL funktioniert noch immer nach archaischen Prinzipien. Puristen bezeichnen Drouin deshalb als unverschämten Weichling, der nichts fordern, sondern sein Talent unter Beweis stellen soll.

An solche scheinbar unverrückbaren Prinzipien glaube ich längst nicht mehr. Ich schätze selbstverständlich die Traditionen dieser Sportart, ein interimistischer Lernprozess in der Ausbildungsliga kann durchaus Teil dieser Traditionen sein – falls die Rahmenbedingungen stimmen.

Stimmen sie jedoch nicht, müssen Spieler und ihre Agenten aktiv werden und Entscheidungen treffen, die für Traditionalisten auf den ersten Blick unpopulär erscheinen. Das haben Drouin und sein Agent in diesem Fall getan.

Ist sein Ruf nun ruiniert? Das wird die Zukunft weisen. Vielleicht steht er schon in kurzer Zeit wieder im Rampenlicht. Und der Streik ist ganz schnell vergessen. 

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