Noch immer befindet sich Schwester Margrit (71) in den Fängen ihrer Entführer. Am Samstagabend stürmten bewaffnete Männer ihre Wohnung und verschleppten die Zürcherin. Seither fehlt jede Spur von ihr. Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) bemüht sich weiterhin um Abklärungen. Gefordert wird «eine rasche und bedingungslose Freilassung der entführten Person», heisst es auf Anfrage von BLICK.
Wahrscheinlich geht es bei der Entführung nur um Geld. Ein Sudan-Kenner zu BLICK, der anonym bleiben will: «In der Region der Entführung operiert eine Miliz, die indirekt mit der lokalen Regierung in Verbindung steht. Die Miliz wurde seit einiger Zeit nicht bezahlt. Es ist keine unübliche Praxis, den Forderungen durch solche Aktionen Nachdruck zu verleihen.»
Chancen für Freilassung stehen gut
Lokale Medien stützen die These des Experten. Eine Quelle bestätigt, dass hinter der Entführung ein berüchtigter Milizenführer steckt, der wegen ausbleibender Zahlungen der Regierung verärgert ist. Das bedeute für Margrit, dass die Chancen einer Freilassung sehr gut stünden, so der Experte.
Seit 43 Jahren engagiert sich Schwester Margrit im Sudan. Er ist ihre zweite Heimat geworden. Ab und zu kehrte sie zurück in die Schweiz. Meist im Sommer: Hier hielt sie dann nach dem Chilbi-Gottesdienst im August einen Vortrag über ihre Arbeit in der Kirche Bonstetten ZH.
Kritik an Zusammenarbeit mit Regime
So auch in diesem Jahr. Doch dieses Mal kam es zu einem seltsamen Vorfall. Nach der Segnung erzählte Schwester Margrit über ihr Engagement im Sudan. Danach wurde es in der Kirche laut, wie der «Anzeiger des Bezirks Affoltern» vom 5. September berichtet. Zwei Sudanesen beschwerten sich nach dem Vortrag aufgeregt und wild gestikulierend bei der Entwicklungshelferin wegen der Zusammenarbeit mit der Regierung. Es waren offenbar Gegner des aktuellen Regimes.
Nur wenige Tage nach der Diskussion flog Margrit in den Sudan und wurde entführt. Es hätte ihr letzter Aufenthalt sein sollen. Sie wollte ihre Nachfolge einarbeiten. Denn die passionierte Entwicklungshelferin plante ihren Lebensabend in ihrer Heimat Bonstetten zu verbringen. (jmh)