Chaos auf dem Schweizer Schienennetz: Infolge starker Schneefälle ist der Bahnbetrieb im Bereich des Bahnhofes Bellinzona am Mittag eingestellt worden. Eine unterbrochene Fahrleitung führte zum Ausfall aller Zugverbindungen. Die SBB raten dringend von Reisen in den Süden ab. Auch für internationale Züge ist auf der Nord-Süd-Strecke kein Durchkommen mehr.
Ursprünglich war von einer dreistündigen Störung ausgegangen worden. SBB-Sprecher Patrick Walser sagte aber auf Anfrage, dass es zu einem längeren Unterbruch mit unbestimmter Dauer kommen könnte.
Ersatzbusse könnten nicht eingesetzt werden, da bereits alle verfügbaren Busse wegen der schlechten Strassen- und Schienenverhältnisse andernorts eingesetzt würden.
Im Waadtländer Chablais zwischen Aigle und Bex verkehrten die Züge am Montagmorgen zunächst nur auf einem Gleis, am Nachmittag normalisierte sich die Lage. Im Chablais war am Sonntagabend ein Zug auf offener Strecke stecken geblieben. Die 400 Passagiere wurden evakuiert, nachdem sie fünf Stunden im Zug ausgeharrt hatten.
Die Passagiere seien von der Polizei und vom Katastrophenschutz betreut worden, sagte ein SBB-Sprecher auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda. Sie hätten Verpflegung erhalten. Zudem seien die Wagen beheizt worden und mit Strom versorgt gewesen.
Zunächst war vorgesehen, dass die Betroffenen die Nacht in einer Schule in Bex verbringen sollten. Gemäss der SBB konnte ein Teil der Passagiere jedoch mit Taxis an ihre Wohnorte gebracht werden. Andere konnten in Hotels der Region übernachten.
«Ich musste ein Buch als Kopfkissen benutzen»
Der Wintereinbruch am Sonntag hat für Verwerfungen auf europäischen Flughäfen gesorgt. So wurden alleine in Frankfurt 330 Flüge gestrichen – und auch in Zürich sind je 40 Starts und Landungen annulliert worden. Mit dem Temperaturanstieg über Nacht hat sich nun aber die Situation entspannt.
Trotzdem sind in Kloten ZH auch am Montag 22 Landungen und 17 Starts annulliert worden. Dies, weil einzelne Flugzeuge wegen des Schneechaos vom Wochenende nicht dort sind, wo sie planmässig hätten sein sollen, wie Sonja Zöchling gegenüber «20 Minuten» sagt. Betroffen sind vor allem Flüge aus London, Amsterdam und Norditalien. Der Flughafen selber ist aber wieder «schwarz geräumt», wie Bilder der Webcam des Flughafens zeigen.
BLICK-Leserin Martina Hübscher Meier (50) aus Kriens LU steckt seit Sonntag am Londoner Flughafen Heathrow fest. Zusammen mit ihrem Mann wollte sie von San Francisco über London nach Zürich fliegen. Doch in London endete die Reise vorerst. «Keiner sagt uns, was los ist. Rund 2000 Leute, die einen europäischen Flug gebucht haben, sitzen hier fest. Die Menschen sind richtig sauer», sagt sie zu BLICK.
Die Nacht auf Montag verbrachte sie am Flughafen. «Wir mussten am Boden auf einem Teppich schlafen. Ich musste ein Buch als Kopfkissen benutzen. Keiner hat uns Decken oder was Warmes zu trinken gebracht.» Erst um 23.30 Uhr habe das Flughafenpersonal den Passagieren empfohlen, sich in ein Hotel zu begeben, aber um 3 Uhr wieder für ein Re-Booking am Flughafen zu sein.
Doch auch am Montagmorgen konnte Hübscher Meier nicht fliegen. «Ich habe Rückenprobleme und will nur noch nach Hause zu meinem Hund Whiskey. Ich habe ja nicht mal meine Kleider hier.» Denn der Koffer wurde der Schweizerin nicht ausgehändigt. «Ich habe keine Ahnung, wo mein Gepäck ist und wann ich wieder in die Schweiz darf. Niemand informiert uns, das ist richtig schlimm hier.»
Am Dienstagmorgen um 5 Uhr muss sie mit ihrem Mann wieder am Flughafen antraben und hoffen, endlich nach Hause fliegen zu können. Bis dahin ruhen sie sich in einem Hotel aus.
Einige Zugausfälle auch am Montag
Nicht nur die Flugpläne hat der Schneesturm durcheinander gewirbelt, auch die SBB melden am Montgamorgen noch einige Zugausfälle. Betroffen sind vor allem Regionalzüge in der Westschweiz und im Tessin. «Ausserordentlich war die Lage gestern im Wallis, wo praktisch alle Weichen vereist und nicht mehr bedienbar waren», sagt SBB-Mediensprecher Reto Schärli zu BLICK.
So blieb Sonntagabend ein Zug von Sion VS nach Lausanne VD zwischen Aigle und Bex stecken. 400 Passagiere mussten laut SBB-Angaben evakuiert werden.
Am Sonntagnachmittag hat eine Windböe eine 30 Meter lange Baustellen-Abschrankung in Zürich erfasst und zum Umstürzen gebracht. Dabei wurde eine Frau mit einem Rollator unter der Abschrankung begraben. Sie zog sich mittelschwere Verletzungen am Oberkörper zu. Passanten brachten sie ins Spital - noch bevor die ebenfalls aufgebotenen Rettungskräfte eintrafen, wie die Stadtpolizei am Montag mitteilte.
Die Folgen des Unwetters sind auch noch am Montag zu spüren. So fallen die Regionlzüge zwischen Haut-de-Caux VD und Rochers-de-Naye VD aus, ebenso zwischen St-Maurice VS und Brig VS. Aber auch im Tessin zwischen Capolago-Riva S. Vitale TI und Generoso Vetta TI ist der Bahnverkehr wegen der starken Schneefälle noch unterbrochen.
«Zudem gibt es auf der Ost-West-Achse witterungsbedingt noch einige Verspätungen», sagt SBB-Sprecher Schärli. Keine Probleme bereitet hat indes die Umstellung auf den neuen Fahrplan von Sonntag auf Montag. «Die Umstellung hätte ohne grössere Probleme geklappt», so der SBB-Mediensprecher. (fr/man/SDA)