«Ohne die Strasse gibt es nächstes Jahr kein Skigebiet mehr»
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Technischer Leiter ist besorgt:«Ohne Strasse gibt es nächstes Jahr kein Skigebiet mehr»

Walliser sagen Nein zu 5-Franken-Gebühr – merkten aber nicht, dass sie so ihr Skigebiet killen
«Ich glaube, das war ein Mega-Eigengoal»

An der Urversammlung von Gampel-Bratsch wird ein Forststrassenreglement abgelehnt. Die Folgen für das Skigebiet der Gemeinde sind eine Katastrophe. 13 Saisonstellen sind in Gefahr, denn für eine Rettung des Gebiets wird die Zeit knapp.
Publiziert: 27.02.2024 um 00:11 Uhr
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Aktualisiert: 27.02.2024 um 08:20 Uhr
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Yannick Murmann, der Betriebsleiter der Sportbahnen Gampel-Jeizinen, ist in grosser Sorge um die Zukunft seines Betriebs.
Foto: Meul Martin (eum)
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Martin MeulReporter News

Es gibt Skigebiete, die sind vom Schneemangel bedroht. Andere sind zu klein, um über die Runden zu kommen. Und dann gibt es noch das Walliser Skigebiet Jeizinen oberhalb von Gampel. Was hier den Betrieb bedroht: fünf Franken! «Es stehen 13 Saisonstellen auf dem Spiel», sagt der technische Leiter Yannick Murmann (29) über das Fünfliber-Drama beim Treffen mit Blick. Und das, obwohl das kleine Gebiet in den vergangenen Jahren einen regelrechten Aufschwung erlebt hat.

Das Problem: Die Zukunft des Skigebiets hängt an einer Strasse, einer Strasse, die Murmann wegen einer Gebühr über fünf Franken nicht mehr benutzen darf.

Verhängnisvolle Abstimmung

Die Misere beginnt Anfang Dezember. Die Gemeinde Gampel-Bratsch lässt an der Urversammlung über ein neues Forststrassenreglement abstimmen. Ein solches fehlt seit Jahren, nun hat der Kanton Wallis Druck gemacht. Zentraler Punkt des Reglements: Die Benutzung der Forststrassen soll nicht mehr gratis sein. Ein Tagespass soll fünf Franken kosten, Besitzer von Alphütten sollen eine Jahrespauschale von 50 Franken pro Fahrzeug bezahlen. Das eingenommene Geld soll in den Strassenunterhalt fliessen.

Gegen diese Gebühren aber gibt es Widerstand. Thomas Tscherry (62) will davon zum Beispiel nicht wissen. Der Grund: Er ist Vorstand einer Aktiengesellschaft, die im Skigebiet auf der Feselalpe das Restaurant Trächu Hittu besitzt. «Erst vor ein paar Jahren haben wir 1,3 Millionen Franken in das Restaurant investiert, deshalb wollten wir keine Gebühren», sagt Tscherry zu Blick. Der Architekt befürchtet nämlich, dass im Sommer keine Gäste mehr zum Restaurant hinauffahren, wenn sie dafür fünf Franken Strassengebühr bezahlen müssen. «Da wird das Bier schnell teuer», sagt er.

Tscherrys Argumente finden Gehör, mit 44 zu 40 Stimmen wird das Reglement abgeschmettert. Nur: Der Schuss geht nach hinten los!

Weil die Gemeinde nun über kein gültiges Forsttrassenreglement verfügt, darf fast niemand mehr die Forststrassen benutzen. Nicht die Hüttenbesitzer, nicht die Sportbahnen. Gerade diese sind aber darauf angewiesen, ihr Überleben hängt davon ab. Auf den Forststrassen von Gampel-Bratsch dürfen unterdessen mit sofortiger Wirkung nur noch Ärzte, der Forst, oder Angestellte des Werkhofs fahren.

Vor dem Aus

Für die Sportbahnen und ihren technischen Leiter Yannick Murmann gleicht diese Entwicklung einem Todesurteil. Murmann sagt: «Ohne diese Strasse geht es nicht, denn nur mit ihr können wir im Sommer die nötigen Revisionsarbeiten durchführen. Ich glaube, das war ein Mega-Eigengoal.»

Die Forstrasse ist essenziell, um die Liftanlagen der Sportbahnen im Sommer erreichen zu können. Vor allem für Revisionsarbeiten.

«Nur über die Strasse lassen sich Material und Gerätschaften ins Gebiet bringen.» Doch Murmann darf die Strasse nicht mehr nutzen. «Wenn das so bleibt, werden wir die Bahnen im nächsten Winter nicht betreiben können!» Der Frust ist gross, denn neben Murmanns Saisonstelle stehen 12 weitere auf dem Spiel. «Und ohne das Skigebiet wird auch der Tourismus hier in Jeizinen kaputtgehen, inklusive der Restaurants und der Zubringerbahn von Gampel nach Jeizinen», so Murmann.

In Jeizinen stellt man sich nun die Frage: wie weiter? Die Sportbahnen haben damit begonnen, Unterschriften für eine ausserordentliche Urversammlung zu sammeln. Etwas mehr als 300 werden dafür benötigt. «Ziel der Versammlung ist, irgendwie doch noch ein Reglement zu verabschieden, damit wird die Strasse weiterhin benutzen können», sagt Murmann.

Allerdings drängt die Zeit. Denn im Normalfall beginnen die Bahnen direkt nach dem Saisonende mit den Revisionsarbeiten. Selbst wenn die geplante ausserordentliche Urversammlung so schnell wie möglich einberufen wird, dürfte es sehr knapp werden, die Anlagen fit für den nächsten Winter zu machen.

«War kein Fehler»

Angesichts dieser Entwicklung sieht sich Restaurant-Vorstand Thomas Tscherry mit Kritik konfrontiert, immerhin habe er nicht nur den Sportbahnen, sondern auch dem eigenen Restaurant das Wasser abgegraben. Er sagt aber weiterhin: «Es war kein Fehler, das Reglement abzulehnen!» Das von der Gemeinde vorgelegte sei schlicht nicht gut gewesen. «Unter anderem wegen der geplanten Gebühren für die Strassennutzung.»

Tscherry hofft, dass nun eine für alle «gangbare Lösung» gefunden wird. Entweder über ein neues Reglement, oder über eine Übernahme der Strasse durch die Gemeinde. Bis dahin soll eine Ausnahmebewilligung dafür sorgen, dass die Bahnen und die Restaurantbesucher die Strasse in diesem Sommer nutzen können.

Auf Anfrage erklärt der zuständige Gemeinderat von Gampel-Bratsch, Beno Kippel, dass man dabei sei, ein neues Reglement auszuarbeiten. «Die Gebühren aber werden bleiben, denn dies ist vom übergeordneten Gesetz so vorgeschrieben», sagt er. Wann das Reglement ausgearbeitet sei, könne er aber derzeit noch nicht sagen, so Kippel. Das sind für Yannick Murmann keine guten Nachrichten. «Wenn wir kommenden Winter nicht öffnen können, war es das für unser Skigebiet», sagt er. Der Widerstand gegen die 5-Franken-Gebühr könnte so schnell Millionen an Schaden anrichten.

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