Mit gekrümmtem Rücken lässt Iulia W.* (52) den Wischmopp über den braun-rötlichen Plattenboden gleiten. Beissender Chlorgeruch füllt den schummrigen Eingangsbereich im Erotikclub Palladium in Au SG. Mit dem «Fischmopp», wie Iulia W. ihr Putzgerät liebevoll nennt, beseitigt sie die letzten Spuren, die Prostituierte und Gäste in der vergangenen Nacht hinterlassen haben.
«Fisch», weil der Lappen tropfnass sein muss – Hygiene wird im Palladium nämlich grossgeschrieben. Es ist Mittwochmorgen, 10 Uhr. Seit zwei Stunden ist die dreiköpfige Putzequipe des Clubs bereits im Einsatz.
Iulia W. und ihre Chefin Laura P.* (22) nehmen BLICK mit auf ihre Putztour. «Der Job hier ist perfekt für mich», sagt die Reinigungskraft und deutet auf eine gedimmte Lampe: «Ich habe nämlich eine Sonnenallergie, und der Club hat keine Fenster, durch die mich Sonnenlicht treffen könnte.»
Putzfrau muss sich vor Sonnenstrahlen schützen
Die Rumänin lebt seit 21 Jahren in der Schweiz, seit zwei Jahren arbeitet sie im Palladium. «Davor musste ich jeden Job nach zwei Jahren aufgeben – wegen der Krankheit», so die Putzfrau.
Sie betritt Zimmer eins, das luxuriöseste von insgesamt zehn Liebesräumen. Auf dem Spender für die Mundspülung steht noch ein benutzter Becher, die Kissen liegen auf einem Stapel am Bettrand. Laura P. erklärt: «Die Kondome und Laken entfernen die Frauen selbst.»
Gröberen Dreck treffe sie daher selten an. Aber im horizontalen Gewerbe lauern die wirklichen Gefahren im Unsichtbaren: Bakterien, Viren, Pilze. Iulia desinfiziert die Matratze. Der Überzug besteht aus Leder, wie auch das Outfit der jungen Dame, die draussen im Gang die Treppe hinunterhuscht.
«Was sie in den Zimmer machen, ist ihre Sache»
Laura P. grüsst sie mit Namen. Sie sagt: «Als ich hier angefangen habe, war es schon komisch, während der Arbeit auf die leicht bekleideten weiblichen und männlichen Gäste zu treffen. Aber irgendwann kennt man sich persönlich und gewöhnt sich daran.»
Das Palladium verzichtet auf die Bezeichnung Bordell, da die Frauen hier nicht angestellt sind, sondern frei verkehren. Weibliche und männliche Gäste bezahlen gleich viel Eintritt, um die Räumlichkeiten zu nutzen. Der Betreiber erklärt: «Was sie in den Zimmern machen, ist ihre Sache.»
Doch beim Verlassen müssen sie sich an strikte Regeln halten. «Während des Betriebs sind sie selber dafür verantwortlich, dass das Zimmer nach ihrem Dienst einigermassen sauber ist», so die Putzchefin.
Frau riss WC-Schüssel aus der Wand
Nicht alle vertrauen in die Sauberkeit. Der Besitzer erzählt: «Eine der weiblichen Gäste wollte sich nicht aufs WC setzen.» Und fügt kopfschüttelnd an: «Stattdessen hat sie sich auf den WC-Ring gestellt und riss so die ganze Schüssel aus der Wand.» Das sei dann kein Fall mehr für die Putzfrauen gewesen, sondern für den Maurer.
Iulia ist bei Notfällen immer in Bereitschaft. Leert ein Gast Wein auf die Matratze oder übergibt sich, muss sie gegebenenfalls ausrücken. Das passiere zum Glück relativ selten.
Die beiden Putzfrauen gehen einige Türen weiter in einen Abstellraum. Hier führt ein Metallrohr direkt in die Waschküche im unteren Stock. Der Schacht erspart den Frauen wertvolle Meter und Stufen, die sie sonst auf Stöckelschuhen gehen müssten.
Putzfrau ist stolz auf ihren Job
In der Waschküche stapeln sich kiloweise Handtücher und Laken. Die Waschmaschine ist im Dauerbetrieb. Nackt holt sich eine dunkelhaarige Frau ein frisches rotes Handtuch und bindet es um die Hüfte. Bald geht der Betrieb los.
Iulia sammelt Wischmopp, Lappen und Reinigungsmittel ein. Gegen Mittag ist das Puff beseitigt. Sie sei stolz auf ihre tägliche Arbeit, sagt die Rumänin. Schliesslich sind es die Putzkräfte, die das Palladium zu dem machen, was die Betreiber für sich beanspruchen: der sauberste Club der Schweiz.
* Name geändert