Dampf ablassen ist nicht immer gut. Man kann sich dabei die Finger verbrennen. Das musste eine junge Grenzgängerin erleben. Die Ingenieurin lebt in Como (I), arbeitet aber in Bioggio TI. Sie kämpft mit der täglichen Parkplatzsuche. Als sie zu ihrem Wagen kommt, klemmt eine Parkbusse an ihrer Windschutzscheibe. 120 Franken fürs Falschparken! Die anderen Autos haben keine. Für die Italienerin ist klar: Bussen bekommen nur die Grenzgänger! Sie schäumt vor Wut, schimpft wie ein Rohrspatz – und nimmt alles mit dem Handy auf. Dann setzt sie die Hasstirade auf Instagram.
«Diese Busse habe nur ich erhalten, weil diese Scheiss-Schweizer ein Schweizer Kennzeichen haben», plappert sie ins Mikro ihres Handys. «Die Grenzgängerin filmt die anderen geparkten Autos und brummelt weiter, «dieses Arschloch hat doch auch keine Parkscheibe.» Wieder am Steuer gehen die Beschimpfungen weiter. Diesmal filmt sie ihr eigenes Gesicht. «Die Schweizer Bullen sind die allerschlimmsten von allen. Sie sind Ignoranten und Rassisten. Ich kann es kaum abwarten, hier wegzukommen.»
Jetzt bereut die Grenzgängerin ihren Wutausbruch
Von Instagram landet das Video auf Youtube. Es bricht ein Shitstorm los. Hunderte schauen es sich an. Auch der Tessiner Arbeitgeber in Bioggio TI ist darunter. Dieser will nun die Ingenieurin fristlos entlassen. Das kündigt er über ein internes E-Mail an die Mitarbeiter an. Im Job brauche man Vertrauen, und das sei nun verspielt, so das Schweizer IT-Unternehmen. Jetzt bereut die Grenzgängerin natürlich ihren Wutausbruch.
«Ich habe Mist gebaut. Das sehe ich ein. Aber ich bin nicht so wie im Video. Ich habe meinen Job immer gut gemacht», klagt sie im Gespräch mit Ticinonline. «Warum kreuzigt man mich jetzt? Ich weiss nicht, mit welchen Worten ich das wieder gutmachen kann. Ich war eine Idiotin. Bei meiner hohen Stellung, die ich in meiner Firma einnehme, hätte ich mich nie auf dieses Niveau herablassen dürfen.»
«Ich habe mir meine Reputation im Tessin versaut»
Der Frust habe sich aufgebaut, erzählt die Grenzgängerin. Während des vergangenen Jahres seien ihr immer wieder die Reifen zerstochen, der Lack zerkratzt und die Scheibenwischer verbogen worden. «Ich habe nie etwas gesagt. Doch dieses Mal ist mir der Kragen geplatzt – und schon verliere ich meinen Job», klagt die Ingenieurin. «Ich habe mir meine Reputation versaut und bereue das zutiefst.»