BLICK: Das Tessin war ein Rotlicht-Paradies. Heute sind viele Bordelle weg und Prostituierte bleiben fern. Was ist passiert?
Giorgio Galusero: Sicher spielt die wirtschaftliche Situation eine grosse Rolle. Doch auch die polizeilichen Kontrollen der vergangenen Jahren in den Bordellen haben gewirkt. Illegale Prostituierte und Bordellbetreiber haben Angst, erwischt zu werden. Und auch ihre Freier wurden von den Razzien abgeschreckt.
Allein im Jahr 2012 wurden über ein Dutzend Bordelle geschlossen. Ist der Kanton zufrieden mit der Säuberung?
Wir haben seit 2001 im Tessin ein Prostitutionsgesetz. Danach muss bei jeder Prostituierten und bei jedem Betreiber eines Etablissements die Tätigkeit vom Kanton autorisiert werden. Prostituierte müssen ihre Arbeit bei der Kantonspolizei anmelden.
Auch die Zahl der legalen Prostituierten sinkt im Tessin. Fallen da nicht Steuereinnahmen weg?
Das ist nicht das Problem. Viele Prostituierte melden ihre Tätigkeit ordnungsgemäss an. Sie müssen im Schnitt Steuern in Höhe von 500 Franken im Monat zahlen. Die meisten jedoch sind nur wenige Monate im Kanton. Wenn dann die Überweisungsscheine eintreffen, sind die Frauen oft schon weggezogen, sodass keine Steuern gezahlt werden.
Wie viele der Frauen zahlen Steuern?
Höchstens zehn Prozent. Auch deswegen soll das kantonale Prostitutionsgesetz erneuert werden.
Was ist geplant?
Das Finanz- und Wirtschaftsdepartment des Kantons arbeitet zurzeit an einer Lösung, wie man die Steuereinnahmen der Prostituierten besser sichern kann. Schliesslich sind die Kosten für Kontrolle und Verwaltung nicht unerheblich. Zudem sollen die Gemeinden mehr Handlungsspielraum erhalten im Umgang mit Bordellen auf ihrem Gebiet. Um Menschenhandel zu verhindern, soll auch der Schutz für Prostituierte garantiert werden.
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