Er konnte einfach den Hals nicht voll genug bekommen. Roland N.*(60) verdiente als Direktor des Innerschweizer Baugiganten Anliker jährlich über 700'000 Franken. Quasi als Dessert zockte er seinen Arbeitgeber ab. Innert acht Jahren um sieben Millionen Franken.
Der Ex-Kadermann sass sogar im Vorstand des Luzerner Baumeisterverbandes. Heute steht er vor dem Kriminalgericht Luzern. Die Staatsanwaltschaft beantragt eine Verurteilung wegen gewerbsmässigen Betrugs. Als Ausweichdelikt führt die Anklage Veruntreuung oder ungetreue Geschäftsbesorgung an. Sie fordert für Roland N. vier Jahre Gefängnis.
Zusammen mit seiner ebenfalls gut verdienenden Frau gründete der Direktor 2005 nebenbei eine Firma für Unterlagsböden und Hartbetonbelag. Nachdem er sich über sein Netzwerk und seinen Brötchengeber Aufträge zugeschanzt hatte, stellte er einige Monate später auf Geheiss von Xavier Sigrist, Verwaltungsratspräsident von Anliker, den Betrieb wegen Interessenkollision ein.
Vordergründig tat der Direktor wie geheissen. Hintenherum verfasste er am heimischen Computer fiktive Rechnungen seiner eigene Firma an die Anliker AG. Bis zu seiner Verhaftung im August 2012 erstellte Roland N. so laut Staatsanwalt 35 frei erfundene Rechnungsbeträge für rund sieben Millionen Franken. Er gaukelte vor, seine Privatfirma habe bei tatsächlichen Anliker-Grossprojekten mitgewirkt. So stellte er allein für das Bauvorhaben der Zürcher Sihlpost Rechnungen für 1,6 Millionen Franken.
Die Forderungen visierte er als verantwortlicher Direktor gleich selber und versah sie mit einem Stempel. Pikant: Eine weitere Kontrolle gab es beim Baugiganten Anliker nicht. Die Millionen verwendete Roland N., um sich, seiner Frau und den Kindern ein Luxusleben zu ermöglichen. Der Direktor besass mehrere Liegenschaften, unter anderen in Wengen im Berner Oberland oder an seinem aktuellen Wohnsitz im Tessin. Dazu gönnte er sich drei Motorboote mit zugehörigen Anlegeplätzen am Vierwaldstättersee, Thunersee sowie am Lago Maggiore. Direktor Gernegross kaufte auch diverse Luxuskarossen: einen Ferrari, einen Porsche, zwei Mercedes – Privatchauffeur inklusive. Oder er verbrauchte das Geld laut Anklage für grosszügige Geschenke.
Derweil wartet die Anliker AG auf ihr Geld. «Aus dem Verkauf der Besitztümer wurde uns ein bescheidener Betrag von gut fünf Prozent der Deliktsumme zurückerstattet», sagt der Verwaltungsratspräsident Xaver Sigrist.
Aufgeflogen war der Bschiss nicht bei Anliker, sondern bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung. Im Zusammenhang mit der Mehrwertsteuer.