Beim Thema Kunstrasen sehen Grünen-Politiker rot. «Das Gummigranulat verschwindet unkontrolliert vom Platz und schädigt die Umwelt», so ihr Argument. Auch Stadtrat Reto Kestenholz (40) aus Thun BE kritisiert die Plastikrasen scharf (siehe BLICK). Doch jetzt setzen Fussballer zum Konter an – und stellen klar: «Wir sind auf diese Plätze angewiesen, und längst nicht jeder Kunstrasen hat Granulat!»
Vereinspräsident: «Wir setzen auf Kunstrasen ohne Granulat»
In diesem Jahr hat sich der Urner Zweitligist FC Schattdorf für einen neuen Kunstrasen entschieden. Mit deutlicher Zweidrittelmehrheit stimmten die Einwohner am 10. Juni einem A-fonds-perdu-Beitrag von total 950'000 Franken zu. Der Rasen soll bald verlegt werden, damit im April 2019 die ersten Trainings starten. «Wir haben vier neue Kunstrasentypen angeschaut», sagt Vereinspräsident René Deplazes zu BLICK. «Sie haben alle kein Gummigranulat.»
Die Verantwortlichen entscheiden sich aus mehreren Gründen gegen Granulat: Einerseits ist ein sogenannter unverfüllter Kunstrasen umweltfreundlicher, andererseits ist er leichter zu pflegen und billiger im Unterhalt. Doch warum will man in Schattdorf den schönen Naturrasen durch Plastik ersetzen? «Vor allem aus Kapazitätsgründen», so Deplazes. «2012 wurde ein Teil unseres Trainingsgeländes mit Gewerbe überbaut.»
Plastikrasen quasi immer zu bespielen
Und weil es keine Ersatzfläche gibt, hat man keine andere Option: «Theoretisch könnten wir auf dem Kunstrasen sieben Tage die Woche nonstop spielen, ohne dass etwas kaputt geht.» Der Naturrasen hingegen braucht Erholungszeit und muss bei anhaltendem Regen und starker Hitze geschont werden.
Der FC Schattdorf zählt stolze 220 Junioren und 120 Aktivmitglieder. Trotzdem stehen dem Verein im Dorf nur zwei Fussballplätze zur Verfügung. Aktuell weichen die Spieler deshalb für ihre Trainings auf fünf Gemeinden aus. Der neue Kunstrasen löst dieses Problem grösstenteils. «Wir können jetzt mehr Trainings zu Hause absolvieren», freut sich Deplazes.
Dank Kunstrasen machen mehr Kinder Sport
Auch für Urs Dickerhof (65), Präsident des Innerschweizer Fussballverbandes, sind Kunstrasen nicht mehr wegzudenken. «Die Vereine sind heute darauf angewiesen», sagt er. Von einem Verbot hält er nichts: «Auf Kunstrasen kann öfter trainiert werden. Dadurch erhalten mehr Kinder und Jugendliche die Möglichkeit, ihren Sport zu betreiben.»
Tatsache ist: Aus Kapazitätsgründen kann heute nicht jedes Kind Fussball spielen. Manche Vereine müssen deshalb unangenehme Auswahltrainings durchführen und Absagen erteilen. Dickenhof weiss auch: «Mit Kunstrasen lässt sich die Saison im Freien in die kalte Jahreszeit hinein verlängern. Dagegen kann Naturrasen in der Winterzeit zerstört werden und wächst im Frühling nicht nach.»