Die Party von 6000 Neonazis in Unterwasser SG sorgt immer noch für Schlagzeilen. Die Staatsanwaltschaft St. Gallen gab in einer Medienmitteilung bekannt, dass es keine Strafuntersuchung gibt. Die Anzeige der Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus (GRA) wurde abgeschmettert.
Dominic Pugatsch, Geschäftsführer der GRA, wundert sich nicht über die Entscheidung der Staatsanwaltschaft: «Es überrascht uns nicht, dennoch hofften wir auf eine Untersuchung.» Die Stiftung war in regem Austausch mit der zuständigen Staatsanwaltschaft in St. Gallen. Heute wurde ihnen der Entscheid mitgeteilt.
Vielleicht nicht alles Nazis
Die Staatsanwaltschaft geht nicht auf die Anzeige ein. Eine der Begründungen: Sie glaubt nicht, dass an der Veranstaltung rechtes Gedankengut verbreitet wurde, weil in der Tennishalle nur Gleichgesinnte anwesend waren. Gemäss eines Gesetzes, das im August 2010 eingeführt wurde, ist die Anwendung des Hitlergrusses zum Beispiel nicht strafbar, wenn man damit nicht bei Dritten Werbung macht.
Darüber ist Pugatsch entsetzt: «Es ist erschütternd. Bei einer so grossen Anzahl von Menschen besteht natürlich die Möglichkeit, dass nicht alle Nazis waren. Da wurde doch Propaganda betrieben.»
Wurde rechtzeitig reagiert?
Die Verfügung ist noch nicht rechtskräftig. Bei der Stiftung hat man noch nicht entschieden, ob man die Entscheidung der Staatsanwaltschaft anfechten will. «Wir werden die nächsten Schritte in Ruhe besprechen», sagt der Geschäftsführer.
Wie in einer Medienmitteilung bekannt gegeben wurde, geht es der GRA nun darum, «abzuklären, ob die Behörden rechtzeitig die notwendigen Massnahmen ergriffen haben, um allfällige Beweise zu sammeln:Dies bezweifelt die GRA sehr».
«Sonst wird die Schweiz zum Nazi-Mekka»
Sicher ist: Die SP will nach dem Entscheid reagieren. «Nun ist eingetroffen, was wir befürchtet hatten», sagt der St. Galler SP-Präsident Max Lemmenmeier. «Das grösste Neonazi-Konzert in ganz Europa in Unterwasser hat kein rechtliches Nachspiel.»
SP-Nationalrätin Barbara Gysi will in Bern einen Vorstoss einreichen. «Nazisymbole und Nazigesten müssen auch in der Schweiz unmissverständlich unterbunden und verhindert werden», sagt sie. «Ansonsten droht die Schweiz und der grenznahe Kanton St. Gallen zum Mekka der europaweit organisierten Neonazi-Szene zu werden.» (fss)