Geschenke türmen sich unterm festlich geschmückten Baum, es riecht nach Kerzenwachs und Weihnachtsguetzli, Familien kommen zusammen, um Weihnachten zu feiern.
Die christliche Bedeutung des traditionellen Fests spielt dabei für viele eine wichtigere Rolle, als die sinkenden Zahlen der Kirchgänger in der Schweiz vermuten lassen.
Dies zeigt eine aktuelle Umfrage, die das Link Institut im Auftrag von Alliance Presse und der Schweizerischen Evangelischen Allianz durchgeführt hat: Die grosse Mehrheit der Befragten – 85 Prozent – möchte, dass die christliche Bedeutung von Weihnachten beibehalten wird, nur fünf Prozent lehnen das ab. Erstaunlich – in einer Zeit, in der sich jeder vierte Schweizer als konfessionslos bezeichnet und sich fast die Hälfte der Teilnehmer an der Link-Umfrage in einer Religionsgemeinschaft sogar unwohl fühlt.
Tradition rückt in den Vordergrund
Dass man nach dem Tod ins Paradies oder in die Hölle kommt, glauben zudem nur noch 15 Prozent der Befragten. Mehr als ein Drittel ist überzeugt, dass das Leben nach dem Tod definitiv zu Ende sei, neun Prozent glauben an eine Wiedergeburt.
Obwohl immer weniger Schweizer einer Religionsgemeinschaft angehören und an die biblische Verheissung glauben, findet es Katja Rost nicht erstaunlich, dass die meisten Schweizer den christlichen Sinn der Feiertage nicht verlieren möchten. Die Soziologieprofessorin an der Uni Zürich: «Selbstverständlich rücken an Weihnachten Traditionen wieder in den Vordergrund. Und dazu gehören eben auch Innehalten und Reflektieren. Dazu wiederum passt die Kirche, der Glauben, die Weihnachtsgeschichte und die Zehn Gebote.» An den Festtagen folgten wir wieder Traditionen aus unserer Kindheit, wie dem Kirchenbesuch mit den Grosseltern – und reichten sie von Generation zu Generation weiter. Rost: «Weihnachten ist ein Fest der Besinnlichkeit und der Familie.»
Auch sonst zeigt die Umfrage des Link Instituts, dass christliche Werte erstaunlich fest in der Gesellschaft verankert sind. So finden 75 Prozent der befragten Personen, dass diese Glaubensinhalte typisch schweizerische Werte darstellen. Die Botschaften der Landeskirche scheinen also auch ohne den Rückhalt der Institution Kirche gepflegt und geschätzt zu werden – sogar in einer Zeit, in der häufig vom Werteverfall die Rede ist.
«Zunahme von Spiritualität»
«Christliche Werte gibt es seit mehr als 2000 Jahren. Sie sind historisch gewachsen und umfassen heute generelle Normen und Tugenden des Menschen», sagt die Soziologin Katja Rost. «Diese Werte haben sich bewährt – insofern ist es nicht erstaunlich, dass Schweizer Werte damit übereinstimmen.»
Zudem befinde sich der Glaube im Moment trotz abnehmender Mitgliederzahl der Kirchengemeinden eher wieder im Aufschwung: «Man sieht das bislang zwar weniger an Wiedereintritten in die Kirche, aber bei der Zunahme von Spiritualität», sagt Katja Rost. «Das hat vor allem damit zu tun, dass wir in einer zunehmend hektischen Welt leben, die keine Zufluchtsorte mehr bietet.»
Rost glaubt, dass der Glaube besonders jenen Halt gibt, die sich in der dunklen Jahreszeit einsam fühlen: Menschen, die sich an Weihnachten nicht mit der ganzen Familie um den geschmückten Baum versammeln können.