Schule will Lernzimmer für Noah (7) dem Vater in Rechnung stellen
In Bischofszell kostet Nachsitzen 200 Franken

Daniel Nawratil ist stinksauer. Die Schule Bischofszell will ihm eine Rechnung stellen, wenn sein siebenjähriger Sohn nachsitzen muss. «Das dürfen die doch nicht», findet Nawratil. Doch ganz so einfach ist es nicht.
Publiziert: 19.01.2018 um 23:45 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 22:15 Uhr
Wenn Zweitklässer Noah (7) weiterhin Ärger macht, muss er nachsitzen. Kann er das nicht zu Hause, kostet es 200 Franken.
Foto: zvg
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Flavio Razzino

Noah* ist zwar erst siebenjährig, sorgt aber schon für Stunk. Eine Woche Nachsitzen wird ihm angedroht. Grund: Der Zweitklässler soll in der Schule Bischofszell TG verhaltensauffällig und aggressiv sein.

Für Vater Daniel Nawratil unverständlich. Zu Hause sei Noah absolut kein Problemkind. Auch eine psychologische Abklärung beim Zentrum für Kind, Jugend und Familie (ZKJF) fand keine klinische Auffälligkeit bei Noah. 

Seither ist das Verhältnis zwischen Nawratil und der Schule Bischofszell angespannt. Für besonderen Ärger sorgt jetzt ein Massnahmenkatalog für Noah, den die Bischofszeller Schulleitung zusammen mit dem Lehrer ausgearbeitet und dem Vater zur Unterschrift vorgelegt hat.

«Ich kann mir ja dafür keine Ferien nehmen»

Darin steht: Stört Noah den Unterricht weiterhin, muss er als letzte Massnahme eine Woche lang abseits des normalen Unterrichts an einem «Entlastungsprogramm» arbeiten. Der verpasste Schulstoff muss «zuhause oder im kostenpflichtigen Hausaufgabenraum» der Schule nachgeholt werden. Kostenpunkt für Noahs Vater bei Benutzung der Schulräumlichkeit: 200 Franken.

Eine Frechheit, findet Nawratil. Als alleinerziehender Vater sei es für ihn unmöglich, mit dem Sohn den Schulstoff nachzuarbeiten – «ich kann ja dafür nicht eine Woche Ferien nehmen», so Nawratil. Er ist darum gezwungen, den Hausaufgabenraum in Anspruch zu nehmen. Zahlen will er dafür nichts.

«Ich nehme den Raum ja nicht freiwillig in Anspruch», sagt Nawratil. Vielmehr habe er gar keine andere Wahl.

Bundesgericht hat Thurgauer Schulen gerügt

Der Rechtsdienst des Thurgauer Amts für Volksschule gibt ihm grundsätzlich recht. Alle Massnahmen, welche die Schule zur Pflicht erklärt, müssen kostenlos sein. Bekannt ist aber: Thurgauer Schulen haben sich in der Vergangenheit nicht immer daran gehalten.

Im Dezember musste das Bundesgericht Thurgauer Schulen zurückpfeifen, weil sie Eltern die Sprachförderung für Kinder in Rechnung gestellt haben.

Gerügt wurden sie auch, weil sie bei Skilagern jahrelang zu hohe Kostenbeteiligungen von den Eltern eingefordert hatten. Auch hier kam das Bundesgericht zum Schluss, dass die Teilnahme an Schullagern obligatorisch und darum für Eltern kostenlos sein müsse.

Ausgangslage ist nicht so klar

Nawratils Fall ist nicht ganz so klar, sagt auch der Rechtsdienst. Weil die Schule Nawratil rein theoretisch die Möglichkeit anbietet, dass sein Sohn den Schulstoff auch zu Hause nachholen könnte, wird das Ganze zum Streitfall.

Kurz: Nawratil müsste sich wohl vor Gericht gegen die Kosten für den Hausaufgabenraum wehren – mit ungewissem Ausgang.

Aus Sicht der Schulleitung gibt es indes keine Zweifel. Magnus Jung, Leiter Pädagogik, erklärt, dass man sich in dieser Frage klar an das Gesetz halte. Darin sei vorgesehen, dass die Schule Eltern eine Hausaufgabenhilfe in Rechnung stellen dürfe. «Dies, wenn Eltern selber nicht dafür sorgen, dass ihre Kinder die Hausaufgaben pflichtbewusst erledigen», so Jung zu BLICK.

Dass Nawratil als alleinerziehender Vater keine Möglichkeit hat, seinem Kind den Schulstoff von einer Woche abends zu vermitteln, sei nicht das Problem der Schule. «Dann liegt es in der Verantwortung der Eltern, jemanden zu organisieren, der das stattdessen tun kann.»

*Name von der Redaktion geändert

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