Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt Müttern, ihre Babys bis zum sechsten Monat ausschliesslich mit Muttermilch zu ernähren. Aber Stillen in der Öffentlichkeit? Nach wie vor sorgt das Thema für gespaltene Meinungen – und führt zu Eklats wie in der Zara-Filiale im Shoppi Tivoli in Spreitenbach AG. Dort wurde eine stillende Mutter von der Security des Ladens verwiesen (BLICK berichtete).
Von den BLICK-Lesern erhält sie viele aufmunternde Worte. Es sei das Natürlichste der Welt, schreiben die einen. Andere finden hingegen, der Sicherheitsmann habe das Richtige getan.
Solche Fälle gibts hierzulande immer wieder: Im September nahm Nationalrätin Irène Kälin (Grüne) ihr Baby mit ins Bundeshaus und stillte es. Sie wurde öffentlich kritisiert. 2017 bat ein Angestellter des Zürcher Café Z eine stillende Mutter darum, diskreter zu sein. Höhepunkt: 2012 gab es aus Protest beim Zürcher Bellevue sogar einen Still-Mob von jungen Müttern. Doch warum gibt es ums Stillen immer Stress?
Mütter nehmen auch mit Babys am Leben teil
«Die heutigen Mütter und Väter nehmen mehr am gesellschaftlichen Leben teil als noch vor 20 oder 30 Jahren», sagt Ursula Zybach, Präsidentin der Stillförderung Schweiz. Folge: «Deshalb kommt es auch zu mehr solchen Situationen.» Statt sich nur daheim ums Baby zu kümmern, gehen Mütter heute auch shoppen und ins Café. «Ist doch schön, wenn sie so unverkrampft sind», so Zybach. Stören würde sich daran eine eher ältere Generation, für die Stillen nicht ins Stadtbild gehöre.
Ihrer Erfahrung nach seien die Mütter aber sehr darum bemüht, das Stillen so diskret wie möglich zu gestalten.
USA offen, Franzosen zugeknöpft
Viel weniger verkrampft ist man in den USA. Laut einer weltweiten Umfrage eines Stillzubehörherstellers aus dem Jahr 2015 halten dort 66,7 Prozent der Befragten das Stillen in der Öffentlichkeit für absolut natürlich. Unsere Nachbarn sind dagegen viel zurückhaltender: Für 44,4 Prozent der Französinnen ist öffentliches Stillen peinlich. Damit sind sie fast gleichauf mit den Chinesinnen. Und ein grosser Teil der Türkinnen hält das freizügige Füttern der Babys ausserhalb der eigenen vier Wände gar für falsch. Die Schweiz wird in der Studie nicht erwähnt.
Zybach dazu: «Bei uns haben manche schon ein Problem damit, aber nur in Einzelfällen. Von Angesicht zu Angesicht überwiegt meist der Jöö-Effekt.»
Graf fordert bezahltes Stillen