Staatsanwältin Géraldine Kipfer wirft einem Berner gewerbsmässigen und einfachen Betrug vor. Der 23-Jährige habe auf Online-Auktionsplattformen wie OLX und eBay mit unterschiedlichen E-Mail-Adressen mehrere Benutzerkonti geführt.
Jeweils nach Auktionsende hätten die «Käufer» dem Angeklagten das Geld überwiesen. Danach sei dieser nicht mehr erreichbar gewesen oder habe den Interessenten Hinhalte- und Vertröstungsmails geschickt. Total rund 25'000 Franken habe der junge Mann auf diese Weise eingenommen.
17 Monate unbedingt gefordert
Nicht alle Geschädigten erhoben nach Auffliegen der Betrügereien Klage – doch immerhin 53 Personen konstituierten sich im Prozess, der am Dienstag begann, als Privatkläger. Sie wurden aber vom Regionalgericht Emmental-Oberaargau vom Erscheinen dispensiert.
Deshalb, und weil der junge Berner sämtliche Vorwürfe zugab und auch alle Forderungen anerkannte, ging das Verfahren rasch vorwärts. Noch vor dem Mittag plädierten die Staatsanwältin und der Verteidiger.
Staatsanwältin Kipfer beantragte eine Freiheitsstrafe von 17 Monaten unbedingt. Die Strafe solle aber zugunsten einer Einweisung in eine Einrichtung für junge Erwachsene aufgeschoben werden. Der junge Beschuldigte müsse dringend eine geregelte Tagesstruktur erhalten.
Damit der Angeklagte kooperiere, brauche es aber diese unbedingte Freiheitsstrafe als «Damoklesschwert», so die Anklägerin. Der Mann habe sich auch von zwei Untersuchungshaften nicht von den Internet-Betrügereien abhalten lassen, und ob er wirklich spielsüchtig sei, wie er selber sage, sei nicht belegt.
Eine psychiatrische Gutachterin spreche von einem hohen Rückfallrisiko und empfehle diese stationäre Massnahme.
Eine bedingte Freiheitsstrafe von fünf Monaten beantragte hingegen der amtliche Verteidiger Vinzenz Schnell. Seit Sommer 2016 sei sein Klient nicht mehr straffällig geworden; die insgesamt 131 Tage Untersuchungshaft hätten ihn beeindruckt. Es herrsche nun eine gewisse Ordnung im Leben des jungen Mannes; eine Gefängnisstrafe würde die kleinen Fortschritte zunichte machen.
«Wie verbringen Sie Ihre Tage?»
Eine weitere Heimeinweisung bringe nichts: Noch aus jeder Einrichtung sei der Mann entweder getürmt oder habe sich selber gefährdet und sei so herausgekommen. Den einfachen Betrug, den die Staatsanwältin dem Mann vorwerfe, habe dieser nicht begangen.
Schuldig sei er hingegen in 64 Fällen von gewerbsmässigem Internet-Betrug. Das Urteil in diesem Fall wird am Mittwochvormittag bekanntgegeben.
Der Angeklagte, in lässigen Sportkleidern und mit Baseballcap erschienen, sagte selber, er wisse, dass er eine Therapie und eine Tagesstruktur brauche.
«Wie verbringen Sie Ihre Tage?», wollte Richterin Regula Masanti wissen. «Herumhängen, gamen – nichts Sinnvolles», antwortete er. «Haben sie Freunde?» – «Ja.» – «Was tun Sie mit ihnen?» – «Chillen». «Wie sehen Sie Ihre Zukunft?» – «Ich weiss auch nicht. Ziel ist schon, eine Lehre fertig zu machen.» Eine Lehrstelle habe er aber nicht in Aussicht. Die Motivation fehle.
Er werde vom Sozialdienst unterstützt und sei verschuldet, sagte der junge Mann auch, sei süchtig nach Action-Games wie Metin2 und Counter Strike gewesen.
Das Geld habe er gebraucht, um in diesen Spielen schneller vorwärts zu kommen. Mit Geld könne man das. Nun spiele er aber nicht mehr im Internet, sondern nur noch auf Spielkonsolen. (SDA)