Lehrerin in Dietikon ZH verprügelt
So schlecht sind Kesb-Zeugen geschützt

In Dietikon ZH wurde eine Lehrerin wegen einer Meldung bei der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) verprügelt. Nun stellt sich heraus: Wer bei der Kesb Meldung macht, ist keinesfalls anonym.
Publiziert: 27.10.2017 um 16:58 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 18:16 Uhr
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Jährlich erhält die Kesb 25’000 Meldungen, unter anderem von Schulen und Privatpersonen.
Foto: Philippe Rossier
Helena Schmid

Es war ein brutaler Racheakt: Nachdem die Behörden auf Anordnung der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) einem Elternpaar in Dietikon ZH ihren elfjährigen Sohn weggenommen haben, stürmt das Paar die Schule Wolfsmatt in Dietikon ZH. Die Mutter verprügelt die Lehrerin ihres Sohnes – vor den Augen der ganzen Klasse (BLICK berichtete). Grund für die Prügel-Attacke: Das Paar vermutete, dass die Lehrerin sie bei der Kesb gemeldet hätte.

Kesb schützt Melder nicht

Offenbar ist die Lehrerin aus Dietikon aber nicht die einzige Kesb-Zeugin, die wegen einer Meldung büssen musste. BLICK ist ein ähnlicher Fall bekannt: Ein Familienvater aus der Stadt Zürich beobachtete den Nachbarn, wie er seinen Sohn misshandelte. Nach einigem Zögern meldete er den Fall der Kesb.

Der Nachbar erfuhr jedoch, wer ihn gemeldet hatte. Daraufhin bedrohte er den Familienvater. Dieser bekam es mit der Angst zu tun. So sehr, dass er mit Frau und Kind wegzog.

Guido Marbet ist Präsident der Konferenz für Kinder- und Erwachsenenschutz.
Foto: Siggi Bucher

Das Problem: «Die betroffenen Eltern haben Einsicht in die Kesb-Akten, in denen der Name des Melders aufgeführt ist – egal, ob dieser die Schule oder eine Privatperson ist», sagt Guido Marbet, Präsident der Konferenz für Kindes- und Erwachsenenschutz zu BLICK.

Anonymisierung nur in Ausnahmefällen

Diese Regelung könnte Eltern schützen, die ihre Kinder misshandeln. «Ich bin mir sicher, dass viele Personen einen Verdacht nicht melden, aus Angst vor den Konsequenzen», sagt Marbet. Denn nur in Extremfällen würde ein Melder anonymisiert. «Das kommt äusserst selten vor und passiert nur, wenn sich die Kesb sicher ist, dass der Melder an Leib und Leben gefährdet ist», sagt er.

Privatpersonen, die aus Angst vor Drohung oder Gewalt keine Meldung erstatten möchten, rät Marbet: «Sie sollen den Verdacht der Schule melden, in die das betroffene Kind geht. Die Schulleitung leitet diesen, wenn er den Beobachtungen der Schule entspricht, dann der Kesb weiter, ohne dass die Herkunft der Meldung in den Akten erscheint.»

Hohe Dunkelziffer bei Kindesmissbrauch

Jährlich gehen bei der Kesb rund 25’000 Meldungen ein. Trotzdem geht man davon aus, dass immer noch viele Fälle von Kindesmissbrauch und Vernachlässigung unentdeckt bleiben.

Bisher sind nur Schulen gesetzlich verpflichtet, einen Verdacht sofort zu melden. Um die hohe Dunkelziffer zu verringern, möchte die Kesb diese Meldepflicht ausbauen: So sollen zukünftig auch Jugendvereine und Kinderkrippen die Kesb informieren müssen, wenn sie vermuten, dass ein Kind misshandelt wird.

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