Trotz «pfefferscharfer» Umsetzung der Ausschaffungs-Initiative
Nur die Hälfte wird ausgeschafft

Die Strafregister-Statistik zeigt die ersten Auswirkungen der Ausschaffungs-Initiative der SVP. Die ist empört: Ausgeschafft werden nur 54 Prozent der verurteilten Ausländer. Beim Rest greift die Härtefallklausel.
Publiziert: 04.06.2018 um 11:05 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 14:15 Uhr

Bei 1039 Personen wurde im letzten Jahr eine Landesverweisung ins Strafregister eingetragen, 88 Prozent davon als obligatorische, wie das Bundesamt für Statistik (BFS) am Montag mitteilte.

Der grösste Teil dieser Verurteilten besassen keinen B- oder C-Ausweis, waren also Kurzaufenthalter, Asylsuchende, Touristen oder Personen, welche sich widerrechtlich in der Schweiz aufhielten.

2017 war ein Übergangsjahr

Bei Ausländern mit einem B- oder C-Ausweis, welche sich strafbar verhielten, wurde bei zehn Prozent eine Landesverweisung ausgesprochen. Weil ein Grossteil dieser Straftaten gemäss BFS noch vor dem 1. Oktober 2016 begangen worden sind, wurden für die Delikte noch keine Landesverweisungen verhängt. Denn erst damals trat die «pfefferscharfe» Umsetzung (Zitat FDP-Ständerat Philipp Müller) in Kraft.

Das Bundesamt für Statistik veröffentlicht erstmals Zahlen zum verschärften Ausländergesetz. Demnach wurden 1039 Personen des Landes verwiesen. (Archivbild vom Gefängnis Bässlergut in Basel)
Foto: KEYSTONE/GEORGIOS KEFALAS

Gemäss dem BFS wurden 1210 Urteile identifiziert, bei welchen nach aktueller Gesetzgebung eine obligatorische Landesverweisung in Frage gekommen wäre. Bei etwas mehr als der Hälfte dieser Fälle sei eine Landesverweisung ausgesprochen worden.

Insbesondere, wer zu einer Freiheitsstrafe von über sechs Monaten verurteilt wurde, musste mit einem Landesverweis rechnen. Hier beträgt der Anteil 90 Prozent. Bei kurzen Freiheitsstrafen bis 6 Monaten wurde hingegen nur in 17 Prozent der Fälle eine Landesverweisung ausgesprochen. Am niedrigsten war der Anteil mit 3 Prozent bei den Verurteilungen zu einer Geldstrafe; in diesen Fällen wurde fast immer auf eine Landesverweisung verzichtet.

Härtefallklausel kommt oft zum Einsatz – SVP ist empört

Grund für die geringe Zahl an Ausschaffungen ist die Härtefallklausel, die das Parlament geschaffen hatte, um stossende Ausschaffungen zu verhindern: In 46 Prozent kam die zur Anwendung.

Die SVP reagiert entsprechend empört. «Wir müssen hier von einem Skandal sprechen», twitterte SVP-Nationalrätin Natalie Rickli (41). «Wo bitte ist die pfefferscharfe Umsetzung?»

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Die SVP hatte befürchtet, dass die Härtefallklausel zu oft angewendet würde und wollte mit der Durchsetzungs-Initiative nachbessern. Diese wurde jedoch am Februar 2016 mit knapp 60 Prozent abgelehnt.

Vor allem Verstösse gegen Strassenverkehrsgesetz

Von insgesamt 105'000 verurteilten Erwachsenen haben die meisten gegen das Strassenverkehrsgesetz verstossen. Es folgen Delikte gegen das Strafgesetzbuch, das Ausländergesetz und am seltensten gegen das Betäubungsmittelgesetz. Dabei ist die Anzahl der Delikte in allen vier Gesetzen zurückgegangen, wie eine Grafik des Bundesamts für Statistik (BFS) vom Montag zeigt.

87 Prozent der Verurteilten wurden mit einer Geldstrafe sanktioniert. Das ist ein Prozent mehr als im Vorjahr. Davon wurden die meisten (81 Prozent) bedingt ausgesprochen. Der Anteil der unbedingten Geldstrafen betrug 18 Prozent und ist seit 2011 um sieben Prozent gestiegen.

Die Freiheitsstrafe wurde seit der Einführung von alternativen Strafen im Jahr 2007 kontinuierlich zurückgedrängt. Im Jahr 2017 erhielten 17 Prozent der Verurteilten eine Freiheitsstrafe, 72 Prozent davon unbedingt. (sda/sf)

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