Juso-Funiciello blitzt bei Staatsanwalt ab
«Doofe Weiber»-Kommentar nicht strafbar

Die Staatsanwaltschaft Zofingen-Kulm hat eine Anzeige von Tamara Funiciello wegen eines ehrverletzenden Facebook-Kommentars abgewiesen – die Juso-Präsidentin muss sogar noch 300 Franken Verfahrensentschädigung zahlen.
Publiziert: 07.07.2017 um 10:57 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 19:25 Uhr
Mit diesem Bild macht die Juso auf den Frauenmarsch am 18. März in Zürich aufmerksam machen: Es provozierte gehässige Kommentare im Netz.
Lea Hartmann

Die Aktion hatte für heftige Reaktionen gesorgt. Um für den Women's March in Zürich zu werben, hatte die Juso vergangenen März auf Facebook ein Foto gepostet, das Parteipräsidentin Tamara Funiciello zusammen mit weiteren Juso-Frauen oben ohne beim Verbrennen ihrer BHs zeigt. Hunderte aggressive, oftmals beleidigende und sexistische Kommentare, ja gar Aufrufe zur Vergewaltigung prasselten daraufhin auf die «Nacktivistinnen» ein. 

Das liess sich Funiciello nicht gefallen. Zusammen mit dem Verein Netzcourage, der von der ehemaligen Zuger Kantonsrätin Jolanda Spiess-Hegglin ins Leben gerufen wurde, zeigte sie Dutzende Hasskommentar-Schreiber an. Netzcourage unterstützt laut eigener Aussage «Menschen in Situationen der Onlinewelt, in welchen sie allein nicht weiterkommen».

Doch nicht alles, was aus Sicht von Funiciello und Spiess-Hegglin zu weit geht, tut dies auch aus rechtlicher Sicht. Auf Facebook feiern Kommentarschreiber derzeit einen – wenn auch kleinen – juristischen Sieg gegen die Juso-Politikerin.

So hat die Staatsanwaltschaft Zofingen-Kulm jüngst entschieden, die Anzeige gegen die Kommentarschreiberin Ruth J. nicht weiter zu verfolgen. Die 71-Jährige aus Walterswil SO hatte die Juso-Frauen in einem Post als «doofe Weiber» bezeichnet.

«Doofe Weiber» war kein direkter Kommentar

«Doofe Weiber» sei per se durchaus eine Bezeichnung, die strafrechtliche Konsequenzen haben könne, sagt Jolanda Spiess-Hegglin, die Funiciello im Fall der BH-Kommentare vertritt. «Deswegen hat es auch schon Strafbefehle gegeben.»

Ruth J. sei glimpflich davongekommen, weil sie das Bild der nackten Juso-Frauen nicht direkt kommentiert, sondern auf einen anderen Kommentar reagiert hatte. Laut Staatsanwaltschaft war damit nicht zu beweisen, dass J. wirklich Funiciello als «doofes Weib» bezeichnet hatte. 

Die Nichtanhandnahme der Anzeige hat für Klägerin Funiciello und den Verein Netzcourage finanzielle Konsequenzen. Wie aus der Verfügung hervorgeht, muss die Juso-Präsidentin 300 Franken Verfahrensentschädigung zahlen – Kosten, die Spiess-Hegglins Verein übernimmt. 

Bereits zwei Vergleiche geschlossen

Die Kriegskasse von Netzcourage ist nämlich alles andere als leer. Knapp 40 Anzeigen hat die Ex-Politikerin bei den Strafverfolgungsbehörden im Fall Juso eingereicht. In zwei Fällen kam es bereits zu einem Vergleich, bei dem die Kommentarschreiber einwilligten, je rund 1000 Franken zu spenden. Dies entspreche in etwa den Kosten, die ein Strafbefehl für die Angezeigten zur Folge gehabt hätte, sagt Spiess-Hegglin. 

Spiess-Hegglin rechnet damit, dass eine grosse Mehrheit der Anzeigen in einem Vergleich enden wird – oder mit einem Strafbefehl. «Meine Erfahrung zeigt, dass nur rund fünf Prozent der Anzeigen zurückgewiesen werden, es also zu keinem Verfahren kommt.»

Viel wichtiger als die strafrechtlichen Konsequenzen sei ihr aber, dass die Anzeigen zu einem Umdenken führen. «Auch bei den Fällen, die wir nicht durchgebracht haben, werden die Wutbürger ihre Lehren gezogen haben. Nur schon ein Anruf von der Staatsanwaltschaft fährt vielen ein», sagt Spiess-Hegglin.

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