Weil es ihm zu laut wurde im Pfarrhaus
Dorfpfarrer wirft Mutter und ihre Söhne raus

In Thusis GR fliegt eine alleinerziehende Mutter aus der Wohnung, weil sich der Dorfpfarrer über die Musik ihrer Söhne nervt. Nun muss die Familie ausziehen.
Publiziert: 12.03.2018 um 09:49 Uhr
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Aktualisiert: 13.09.2018 um 04:50 Uhr
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Er hats gerne ruhig und schweigt zur Sache: Dorfpfarrer Roland Hadorn.
Foto: Stefan Kaiser / Zuger Zeitung
Anian Heierli

Im reformierten Pfarrhaus in Thusis GR hängt der Segen schief. Vor gut zwei Jahren zog der neue Dorfpfarrer Roland Hadorn (60) im ersten Stock ein. Seither beschwert sich der Geistliche über den Lärm seiner Nachbarin Gaby O.* (53), die einen Stock über ihm lebt. Angeblich hören die alleinerziehende Mutter und ihre beiden jugendlichen Söhne zu laut Musik.

Nun hat Gaby O. die Kündigung erhalten. Bis Ende März muss sie raus. Pikant: Familie O. lebt seit sechs Jahren hier, der Mietzins wurde immer pünktlich bezahlt, mit anderen Nachbarn gab es nie Probleme. Der frühere Pfarrer schreibt sogar: «Ich bestätige dir gerne, dass wir mit dir und deinen Söhnen eine gute Nachbarschaft erlebten.»

Der Pfarrer schweigt

Er hats gerne ruhig und schweigt zur Sache: Dorfpfarrer Roland Hadorn.
Foto: Stefan Kaiser / Zuger Zeitung

Dagegen schweigt sein Nachfolger Roland Hadorn. Schon in der Zeitschrift «Beobachter» machte er keine Aussage zum Streit. Auch für den BLICK lässt er sich entschuldigen. Er sei krankgeschrieben. Gaby O. reagiert auf die BLICK-Anfrage: «Ich lasse mir den Mund nicht verbieten. Auch nicht vom Pfarrer», sagt sie. Die Mutter fühlt sich «ohnmächtig» und von der Vermieterin, der evangelisch-reformierten Kirchgemeinde Thusis im Stich gelassen.

Sie zeigt die drei Musikboxen, um die es geht. Demonstriert sogar, wie sie klingen. Schnell wird klar: Die maximale Lautstärke entspricht etwa der eines TV-Geräts. «Meine Söhne und ich arbeiten», sagt O. «Wir hören nie länger als zwei Stunden pro Tag Musik.» Und: «Über Mittag und nach 21 Uhr ist die Anlage aus.»

Keine Chance auf Schlichtung

Die Bündnerin versteht das ganze Theater nicht: «Ich weiss nicht, warum wir wirklich aus der Wohnung fliegen. Vielleicht hat der Pfarrer einfach etwas gegen uns.» Zum Gespräch kommt es nie: «Immer wenn ich das Radio einschalte, klingelt Herr Hadorn und rennt die Treppe runter. Nur meine Söhne schnauzt er jeweils an.»

Gaby O. packt schon. Die alleinerziehende Mutter hat eine neue Wohnung gefunden.
Foto: Anian Heierli

Irgendwann flattern schriftliche Beschwerden von der evangelisch-reformierten Kirchgemeinde ins Haus. Die Familie wurde sogar des Mobbings beschuldigt. Gaby O. pochte zuletzt auf einen Termin bei der Schlichtungsbehörde. Doch die Kündigung war längst beschlossen. Kleiner Trost: Eine neue Wohnung ist gefunden. Dafür ist die Familie aus der reformierten Kirche ausgetreten.

Kirche spricht von Lärmemissionen

Kirchenvorstand Hannes Peier nimmt zum Fall schriftlich Stellung: «Seit dem 21. Dezember 2016 machten wir Frau O. auf die störenden Emissionen aufmerksam, die ihre Söhne mit ihren Musikboxen in der Wohnung von Pfarrer Roland Hadorn auslösten.» Er schreibt: «Versuche, die Emissionen zu reduzieren, blieben ohne Erfolg.»

Laut Peier schickte man auch im August 2017 sowie im September erfolglos Mahnungen. Deshalb sah sich der Vorstand im Oktober gezwungen, die Wohnungskündigung per 31. März auszulösen: «Die Schlichtungskommission hielt am 11. Januar 2018 in ihrer Beurteilung fest, dass die Kündigung nicht missbräuchlich erfolgt sei.»

*Name der Redaktion bekannt

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