Angriff in An'Nur-Moschee in Winterthur
Staatsanwältin im Winterthurer An'Nur-Prozess: «Aggressiver Mob»

Die zehn Gläubigen, die sich diese Woche wegen eines Angriffs in der Winterthurer An'Nur-Moschee vor Gericht verantworten müssen, sollen mit teilbedingten Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren bestraft werden. Ihre Aussagen sind für die Anklage allesamt unglaubhaft.
Publiziert: 02.10.2018 um 09:58 Uhr
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Aktualisiert: 01.11.2019 um 07:00 Uhr
Die Staatsanwaltschaft glaubt den zehn Beschuldigten kein Wort: Im Bild ein junger Moschee-Besucher, der zugab, die beiden «Verräter» bespuckt zu haben. Gewalt habe es aber keine gegeben.
Foto: KEYSTONE/LINDA GRAEDEL

Die Staatsanwältin fordert für die acht jungen Muslime, ihren Imam und den Vereinspräsidenten teilbedingte Freiheitsstrafen. Mehrere der Beschuldigten sollen zwölf Monate unbedingt erhalten. Das würde bedeuten, dass sie ihre Strafen noch in Halbgefangenschaft absitzen könnten. Andere sollen wegen des Angriffs jedoch schärfer bestraft werden, so dass sie ins Gefängnis müssten.

Die Ausländer sollen zudem zehn Jahre des Landes verwiesen werden. Diese Forderung hatten alle Betroffenen am Montag bei Prozessbeginn als «Todesurteil» bezeichnet. Die Schweiz sei doch ihre Heimat.

«Unglaubwürdige» Aussagen der Angeklagten

Den zehn Gläubigen wird vorgeworfen, im November 2016 zwei junge vermeintliche «Spitzel» verprügelt, mit dem Tod bedroht und eingesperrt zu haben. Sie waren überzeugt, dass die beiden Nordafrikaner einen Journalisten mit Informationen versorgt hatten.

Die Beschuldigten streiten jedoch alle Vorwürfe ab. Sie hätten lediglich mit den beiden geredet, weil sie sie beim Fotografieren und Filmen erwischt hätten. Vereinzelte von ihnen hätten sie auch angespuckt. Zu Gewalt sei es jedoch nicht gekommen.

Die Aussagen seien alle unglaubwürdig, sagte die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer am Dienstag, dem zweiten Prozesstag. Es sei um Rache und Bestrafung gegangen. Als Mob mit aggressiver Gruppendynamik seien sie auf die beiden vermeintlichen «Verräter» losgegangen und hätten Selbstjustiz geübt.

Der Vereinspräsident und der Imam hätten in ihrer Funktion als Respektspersonen eigentlich die Gelegenheit gehabt, den Mob zu beruhigen. Dies hätten sie aber nicht getan. Stattdessen hätten sie ein Geständnis aus den Opfern herausgepresst.

Bei den Geschädigten liessen sich gemäss Staatsanwältin keinerlei Lügensignale erkennen. Ein ärztliches Zeugnis attestierte beiden einen «akuten psychotraumatischen Zustand». Einer der beiden hatte zudem ein Schädel-Hirn-Trauma als Folge eines Faustschlages.

Der Beschuldigte, der für diesen Schlag verantwortlich sein soll, sagte am Montag, das Opfer habe sich wohl selber geschlagen oder die Beule sei schon dagewesen. Er sei das jedenfalls nicht gewesen.

Als Beweis für den Angriff dient der Anklage unter anderem das SMS, das eines der Opfer schliesslich von der Toilette aus an einen Polizisten senden konnte: «Urgent, please urgent! Moschee Winterthur, they kill my friend.»

Eine Polizistin, die sich um die beiden Geschädigten kümmerte, gab zu Protokoll, dass sie noch nie so verängstigte Personen gesehen habe. Sie hätten die Pure Angst in den Augen gehabt.

Nach der Staatsanwaltschaft werden die Anwälte der beiden Verprügelten ihre Plädoyers halten. Danach kommen die zehn Anwälte der zehn Beschuldigten an die Reihe. (SDA)

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