Jahrelang hat Postauto auf zahlreichen Buslinien zu hohe Kosten geltend gemacht, um ungerechtfertigte Subventionen einzustreichen. Möglich war das, weil Postauto mit den Bestellern (Bund und Kantone) langjährige Angebotsvereinbarungen hat für den Betrieb von regionalen Buslinien.
In der Regel gelten diese Konzessionen für zehn Jahre. In dieser Zeit kann das beauftragte Transportunternehmen jedoch Jahr für Jahr höhere Abgeltungen verhandeln, sofern die Betriebskosten zunehmen. Das hat Postauto getan – allerdings in ungerechtfertigtem Masse.
Vergleichsmöglichkeiten fehlen
Der Postauto-Bschiss zeigt, wie wehrlos viele Kantone gegenüber falschen Preisofferten sind. Sie haben offensichtlich nicht die nötigen Ressourcen, um die überhöhten Postauto-Offerten auseinander zu nehmen. Zudem fehlen ihnen Vergleichsmöglichkeiten. Denn solange eine Konzession läuft, erhalten die Besteller keine Offerten von anderen Transportunternehmen.
Widar von Arx, Leiter des Kompetenzzentrum Mobilität an der Hochschule Luzern, kritisiert, dass die ÖV-Ämter vieler Kantone sehr klein sind, aber für hunderte von Millionen ÖV-Leistungen bestellen. «Vielleicht müsste man vermehrt überkantonale Institutionen schaffen, die über die notwendige Expertise verfügen und auf Augenhöhe mit den Unternehmen verhandeln können», schlägt der Verkehrsexperte vor.
Die Kantone Aargau, St. Gallen, Bern, Luzern, Thurgau und Baselland haben das bereits getan. Sie haben ein sogenanntes Benchmarking auf die Beine gestellt, um effektiver mit den Transportunternehmen feilschen zu können.
Bestellsystem muss verbessert werden
Peter Füglistaler, Direktor des Bundesamts für Verkehr (BAV), macht sich nach dem Postauto-Bschiss ebenfalls Gedanken darüber, wie das Bestellsystem im Regionalverkehr verbessert werden könnte. «Mit der von Postauto in Aussicht gestellten Rückzahlung ist es nicht getan», stellt er im neuesten BAV-Newsletter klar.
Füglistaler fordert die Besteller auf, Buslinien vermehrt auszuschreiben. Der Fall Postauto belege, dass das dazu beitrage, dass von den Transportunternehmen nur die effektiv ungedeckten Kosten geltend gemacht werden. «Bei Ausschreibungen von Linien hat Postauto konkurrenzfähige Offerten eingereicht. Wenn sie als Monopolist auftreten konnten, wurden Gewinne abgeschöpft und versteckt.»
Der Kanton Jura hat seine Buslinien nun ausgeschrieben. Er ist aber eine Ausnahme. Denn mehr Ausschreibungen sind nicht unumstritten. «Eine Ausschreibung kostet im Schnitt rund 500’000 Franken», nennt Edith Graf-Litscher (SP, 53) den Grund dafür.
2018 kommt der Entwurf für eine Reform
Trotzdem ist aber auch die Präsidentin der nationalrätlichen Verkehrskommission der Meinung, dass über das Bestellverfahren im regionalen Personenverkehr diskutiert werden müsse. Gelegenheit dazu gibt es schon bald. Das BAV arbeitet derzeit an einer Reform des regionalen Personenverkehrs. Im zweiten Halbjahr 2018 kommt der Entwurf in die Vernehmlassung.
«Durch die Postauto-Affäre bekommt die Debatte um diese Reform nun unerwartet neuen Drive», sagt Verkehrspolitiker Martin Candinas (CVP, 37). Er erwartet, dass dabei drei Fragen im Zentrum stehen werden: Funktioniert der Wettbewerb überall? Sollen die Kantone mehr Kompetenzen bekommen? Und wie kann die Kontrolle über die Geldflüsse erhöht werden?