Angst vor Linksautonomen
«Polizisten sagten mir, es sei zu gefährlich»

Ein Basler erhebt schwere Vorwürfe gegen die Polizei. Zwei Beamte hätten sich geweigert, an einer linksautonomen Party nach einem Mann zu suchen, der ihn brutal verprügelt habe.
Publiziert: 12.09.2018 um 11:34 Uhr
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Aktualisiert: 24.09.2018 um 16:09 Uhr
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Verletzungen im Gesicht: So wurde der Basler M. F.* (24) am Wasserstrassenfest zugerichtet.
Foto: ZVG

Ist das Wasserstrassenfest in Basel eine No-Go-Zone für die Polizei? Der Basler M. F.* (24) beschuldigt die Beamten der Kantonspolizei Basel-Stadt, sie hätten sich am 19. August nicht dorthin getraut. Das berichtet die «Basler Zeitung». Dabei hätten die Polizisten nach einem brutalen Schläger suchen müssen.

F., der bereits vom Aussehen her offensichtlich eher rechtsgerichteter Gesinnung ist, wurde in jener Nacht verletzt, als er mit seiner Freundin auf dem Nachhauseweg war. An der Wasserstrasse wurde er aus einer Gruppe von mehreren Personen heraus von einem Unbekannten «unvermittelt beschimpft, angegriffen und mit Faustschlägen zu Boden geschlagen». So steht es in einem Fahndungsaufruf der Staatsanwaltschaft. «Der Täter versetzte ihm zudem mehrere Fusstritte», heisst es weiter.

F. beschreibt die Attacke gegenüber BLICK: «Ich fiel bewusstlos zu Boden. Als ich wieder zu mir kam, standen etwa 20 Leute um mich herum, die mich als Nazi beschimpften. Sie schrien, das sei das falsche Revier. Ich solle mich verpissen. Der Angreifer trat mich in den Kopf, worauf ich erneut das Bewusstsein verlor.»

«Sie sagten mir, es sei zu gefährlich»

Die Freundin des Opfers verständigte umgehend die Polizei. Eine Patrouille befragte F. und dessen Freundin offenbar ganz in der Nähe des Tatorts. Der Verletzte habe den beiden Polizisten den Täter zeigen wollen. Diese hätten sich jedoch dagegen gesträubt, in der Wasserstrasse nach dem Schläger zu suchen. «Obwohl es gleich ums Eck war.»

Hatten die Polizisten Angst vor den Linksautonomen am Wasserstrassenfest? «Die Polizisten sagten mir, es sei für sie zu gefährlich, in die Wasserstrasse zu fahren, weil auch immer wieder Polizisten von den Linksautonomen angegangen würden», sagt der Basler. Verstärkung hätten sie auch nicht anfordern wollen. Die Erklärung der Polizisten: Es seien keine Patrouillen verfügbar.

«Die Polizisten begleiteten mich ins Spital, statt den Täter zu verhaften», sagt F. «Ich bin zwar froh, dass sie so schnell gekommen sind. Aber ich hätte mir schon auch eine Verhaftung gewünscht.»

«Sofortige Fahndung blieb erfolglos»

Am Morgen veröffentlichte die Staatsanwaltschaft einen Zeugenaufruf. Darin heisst es: «Eine sofortige Fahndung blieb erfolglos.»

Polizeisprecher Toprak Yerguz verteidigt das Vorgehen der Beamten. Die Kantonspolizei Basel-Stadt nehme ihren Auftrag zur Wahrung von Sicherheit und Ordnung sehr ernst, heisst es in einer schriftlichen Stellungnahme an BLICK. Bei Gewaltdelikten liege die Priorität bei der Verhinderung weiterer Gewalttaten und bei der Spurensicherung.

«Der mutmassliche Täter habe sich im vorliegenden Fall unter mehreren Dutzend Personen befunden, die gerade eine Party feierten», schreibt Yerguz weiter. Sich mit dem «mutmasslichen Opfer» in diese Situation zu begeben, hätte zu einer weiteren Eskalation der Gewalt geführt.

Eskalation sollte vermieden werden

Deshalb sei der Entscheid der beiden Polizisten richtig gewesen. Abgesehen davon wären die Chancen ohnehin gering gewesen, den mutmasslichen Täter zu erwischen. Yorguz: «Eine Eskalation ist weder für den konkreten Fall nutzbringend noch im Sinne der Allgemeinheit, die unter den Folgen, zum Beispiel Vandalismus einer grösseren Personengruppe, zu leiden hat.»

Zu glauben, dass es deswegen rechtsfreie Räume gebe, sei ein Trugschluss. «Vielmehr können Täter dank dem Fokus auf Beweissicherung auch später überführt und festgenommen werden.»

In diesem Fall ist das bisher nicht gelungen. Der Täter wurde bis heute nicht gefunden. Wie der Sprecher der Staatsanwaltschaft, René Gsell, auf Anfrage von BLICK sagt, führt sie ein Verfahren wegen des Verdachts der Körperverletzung. Weitere Auskünfte will Gsell unter Verweis auf die Hängigkeit des Verfahrens nicht geben.

«Patriot, aber kein Nazi»

F. ist ein sogenannter Gabber, ein Anhänger der extremen Musikrichtung Hardcore. In jener verhängnisvollen Sommernacht sei der Glatzenträger oben ohne unterwegs gewesen, wie er erklärt. Sein «Liber-Helvetius»-Tattoo auf den Schulterblättern sei gut sichtbar gewesen. F. steht zu seiner eher rechtsgerichteten Gesinnung, streitet jedoch jeglichen Nazi-Verdacht ab. Er sei zwar Patriot, aber «kein Nazi», beteuert er. Trotz seiner Gesinnung gebe es auch Anliegen der Linken, die er unterstütze. F.: «Dazu gehört etwa, dass sie sich gegen Rassismus engagieren.»

In einer per E-Mail verschickten Stellungnahme bezeichnen «einige» Bewohner der Wasserstrasse F. als «feige» und als «Neonazi». Konkrete Angaben zum Vorfall machen die Linksautonomen nicht: «Falls sich der Angriff ereignet hat, begrüssen wir es, dass Festbesucher den Neonazi als solchen erkannt und in Eigenverantwortung konsequent aus der Strasse vertrieben haben», heisst es in dem Schreiben. (noo)

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