Das Basler Appellationsgericht hat am Dienstag die Berufung eines von der Vorinstanz verurteilten Basler Polizisten teilweise gutgeheissen. Es sprach den inzwischen in den Innendienst versetzten Ordnungshüter nur noch wegen einfacher Körperverletzung im sogenannten Putativnotwehrexzess und Amtsmissbrauchs schuldig.
Das Appellationsgericht verurteilte den Polizisten, dem vorgeworfen wurde, einen Jugendlichen auf der Polizeiwache geschlagen und verletzt zu haben, zu einer bedingten Geldstrafe von 25'200 Franken. Es stützte sich in seiner Begründung auf das Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin.
«Das Ganze bedrückt mich sehr»
Ein Schlag sei das Wahrscheinlichste für das Geschehene, sagte Gerichtspräsident Christian Hoenen bei der Urteilsverkündung. Der Polizist habe damals die Beherrschung verloren.
Der heute 56-jährige Polizist war im Januar 2020 vom Basler Strafgericht wegen versuchter schwerer Körperverletzung und Amtsmissbrauchs zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zwölf Monaten verurteilt worden. Der Polizist wurde daraufhin vom Justiz- und Sicherheitsdepartement in den Innendienst versetzt.
Er leide sehr unter dem Vorfall und habe deswegen gesundheitliche Probleme bekommen, sagte der Polizist an der Verhandlung vor dem Appellationsgericht. Er glaube nicht, dass er jemals wieder im Aussendienst arbeiten und Personen kontrollieren könne, da er psychische Probleme bekommen würde. «Das Ganze bedrückt mich sehr.»
Polizist bestreitet die Tat
Gemäss Staatsanwaltschaft hat der Polizist bei einer Kontrolle im August 2016 auf der Polizeiwache Clara einen damals 17-jährigen Eritreer einen heftigen Schlag ins Gesicht verpasst und somit Amtsmissbrauch begangen.
Der Polizist bestritt die Tat auch vor der zweiten Instanz vehement. Er habe den Jugendlichen nur reflexartig weggestossen, da er plötzlich sehr nahe bei ihm gestanden sei. «Ich habe mich bedroht gefühlt.» Danach sei der Jugendliche umgefallen, habe kurz aus der Nase geblutet und sei kurz nach 21.00 Uhr aus der Wache entlassen worden.
Der Geschädigte tauchte auch bei der Verhandlung vor dem Appellationsgericht nicht auf. Sein Aufenthaltsort konnte gemäss dem Präsidenten des Appellationsgerichtes nicht ausfindig gemacht werden.
Jugendlicher musste vier Tage ins Spital
Der Jugendliche hatte damals 1,3 Promille Alkohol im Blut. Er erlitt gemäss Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin unter anderem einen Knochenbruch an der Innenwand der rechten Augenhöhle und am Stirnknochen. Zudem wies er eine Unterblutung des Oberlids und eine Schwellung am rechten Auge auf. Er musste vier Tage im Spital behandelt werden.
Der Eritreer - der Polizei einschlägig bekannt - war damals im August 2016 mit seinem Kollegen in der Dreirosenanlage von einer Polizeipatrouille angehalten worden. Nachdem er die Polizisten beschimpft hatte und sich nicht ausweisen konnte, war er gemeinsam mit seinem Kollegen zur Polizeiwache gebracht worden.
Die Verletzungen des Mannes erklärte der Polizist vor Gericht mit der Annahme, dass es nach seinem Austritt wohl noch eine Auseinandersetzung gegeben habe. Der Jugendliche habe erst rund 11 Stunde nach der Entlassung durch die Polizei das Spital aufgesucht.
«Fataler Vergeltungsschlag»
Der Anwalt des Polizisten plädierte auf Freispruch. Sein Mandant arbeite seit 34 Jahren für die Kantonspolizei, sei ein absoluter Profi und nie negativ aufgefallen, sagte er beim Plädoyer. Zudem sei unklar, was nach der Entlassung des Jugendlichen bis zu seinem Spitaleintritt geschehen sei.
Der Jugendliche habe in der Einvernahme auch nie behauptet, dass sein Mandat ihn geschlagen habe. Vielmehr habe er gesagt, «die Polizei» habe ihn geschlagen. «Die Beweislage ist dünn», sagte der Anwalt des Polizisten.
Die Staatsanwältin betonte, dass der Jugendliche keine Anzeige habe erstatten wollen, sondern von seiner Betreuerin dazu motiviert worden sei. Der Jugendliche habe den Polizisten so gereizt, bis dieser den «fatalen Vergeltungsschlag» ausgeübt habe, sagte die Staatsanwältin.
Dass der Jugendliche auf dem Posten Nasenbluten gehabt habe, sei ein klares Indiz dafür, dass die Verletzungen auf dem Posten entstanden seien und nicht nach seiner Entlassung, sagte der Gerichtspräsident. (SDA)