Bernadette Kléné Scholer (67) erhebt schwere Vorwürfe gegen den Schlossacker Binningen BL
«Das Heim hat meinen Mann kaputt gemacht»

Armbruch nicht behandelt, Insulin-Ampulle falsch eingelegt, nicht genügend Essen und ständig allein gelassen.
Publiziert: 26.05.2014 um 00:00 Uhr
|
Aktualisiert: 01.10.2018 um 00:33 Uhr
1/7
Bernadette Kléné Scholer kümmert sich um ihren gelähmten Mann Heinrich.
Foto: Toini Lindroos
Von Myrte Müller

Fast 500 Seiten umfasst das Tagebuch über den Leidensweg von Heinrich Scholer (77). Die Notizen sind nüchtern verfasst: Tag, Uhrzeit, Messwerte, Fotos. Die ehemalige Krankenschwester und Naturärztin Bernadette Kléné Scholer (67) dokumentiert, wie im Heim mit ihrem schwer kranken Mann umgegangen wird.

Heinrich Scholer ist Diabetiker. 2009 stürzt er. Seither ist er ganzkörpergelähmt.

Im Mai 2011 kommt er ins Altersheim nach Binningen BL. Bald häufen sich Vorfälle, es sind alles andere als Bagatellen. So notiert Bernadette Kléné Scholer am 11. Februar 2012: «14 Uhr: Ich treffe ein. Heinrich hat Schmerzen. Oberarm aufs Dreifache angeschwollen. Er ist gebrochen. Niemand tut etwas. Kein Arzt weit und breit.»

Am 20. Februar 2012: «Heinrich ist frisch operiert aus Spital zurück. Er wird nachts allein auf dem WC gelassen. Er stürzt.»

Am 10. Dezember 2012: «Mund wurde nicht gereinigt. Habe das Essen entfernt. Akute Erstickungsgefahr.»

Episoden, die sich häufen. «Das Heim hat meinen Mann kaputt gemacht», klagt sie. «Beim Eintritt ins Altersheim wog er 75 Kilo. Im Heim liessen sie ihn hungern. Mittlerweile ist er auf 62 Kilo abgemagert. Er muss essen, was auf den Tisch kommt. Seine vom Spital verordnete Diät wird ignoriert. Weil er durch seine Lähmung nicht richtig schlucken kann, heisst es oft, er sei satt.»

Vor einem Jahr kommt Heinrich Scholer in den Neubau des Altersheims. Im Schlossacker wird alles noch schlimmer. «Mit Ausnahme der Pflegeverrichtungen wird Heini 22 Stunden am Tag allein gelassen», sagt Bernadette Kléné Scholer.

Einmal sei er extrem stark überzuckert gewesen, habe sich kaum noch bewegen können, erzählt seine Frau. Er nasche, behauptete der damalige Sta­tionsleiter. «In Wirklichkeit wurden die Insulinampullen falsch herum ins Gerät gelegt», sagt Bernadette Kléné Scholer. «Drei Tage lang bekam er kein Basis-Insulin.»

Viermal landet Heinrich Scholer während seiner Zeit im Heim im Spital. «Wäre ich nicht immer zur rechten Zeit dort gewesen, wäre mein Mann schon lange tot.»

Der Hausarzt ist gegen eine Verlegung, weil Heinrich Scholer nicht transportfähig sei. Also beschliesst seine Frau, die Pflege selbst in die Hand zu nehmen. Ab Januar 2013 ist sie fünf bis sieben Stunden täglich bei ihrem «Heini». Sie füttert ihn mit Diätnahrung, die sie mitbringt.

Die Eigeninitiative ärgert die Stationsleitung. Kléné Scholer darf seit Weihnachten 2013 nur noch fünf Tage in der Woche kommen und nur noch von 14 bis 16 Uhr. «Ich bin 20 Jahre mit Heinrich verheiratet, war immer an seiner Seite. Jetzt will man mich rausekeln», sagt sie.

Sie ist nicht die Einzige, die sich beschwert. Die «Basler Zeitung» berichtet von weiteren skandalösen Fällen im Schlossacker.

Auf Anfrage erklärt das Altersheim: «Mit grosser Betroffenheit haben wir die Vorwürfe zur Kenntnis genommen. Der Stiftungsrat nimmt die Vorwürfe sehr ernst und leitet entsprechende Schritte ein, um Klarheit zu schaffen und ein ausgewogenes Bild zu erhalten.»

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?