Wurde schlampig gearbeitet?
Neue Vorwürfe gegen die Bundesanwälte

Amtsmissbrauch und Vertuschung: Ein Anwalt aus Zürich kritisiert die obersten Strafverfolger in Bern mit aller Schärfe.
Publiziert: 21.04.2018 um 23:53 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 17:06 Uhr
Immer wieder in der Kritik: Michael Lauber, Chef der Bundes-anwälte.
Foto: Keystone
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Tobias Marti

Spektakuläre Fälle, aufwendige Ermittlungen, gewaltige Erfolge: Am Freitag präsentierte die Bundesanwaltschaft in Bern ihre Leistungen des letzten Jahres. Das Wort führte Bundesanwalt Michael Lauber (52), Chef und Strahlemann der Behörde.

Zur gleichen Zeit in Zürich: Christoph Bertisch kann es kaum fassen: «Falschbeurkundung, Amtsmissbrauch, Vertuschen und Verdecken», wirft er Lauber und Co. vor. Auf einem rechtskräftigen Strafbefehl ist der Rechtsanwalt als amtlicher Verteidiger aufgeführt. Nur: Das war er zu diesem Zeitpunkt gar nicht mehr, wie er beteuert.

Was ist passiert? Bertisch verteidigte einen Mann*, der in seiner Garage Sprengstoff lagerte. Eigentlich eine klare Sache. Nicht so für Bertisch. Er zweifelte, dass es sich überhaupt um Sprengstoff handelte. Mehr als einen Monat sass der Verdächtige in U-Haft. Doch erst nach seiner Entlassung sei das verdächtige Material untersucht worden. Das Resultat der Untersuchung: Beim ersten Test vermochte das Zeug lediglich eine leichte Delle in ein Stahlblech zu drücken. Beim zweiten Test gab es nicht einmal eine Delle.

Amtliche Verteidigung widerrufen

War das nun Sprengstoff oder nicht? Der Fall wurde spannend. Nun aber, wo es wirklich ums Verteidigen ging, sei er ausgebootet worden, so Bertisch. Die amtliche Verteidigung wurde widerrufen, er war raus. Warum das? «Mit diesem Manöver sollte wohl vertuscht werden, dass der vermeintliche Sprengstoff nicht bereits während der U-Haft untersucht worden war», ist er überzeugt.

Womöglich hätte man den Verdächtigen früher aus der Haft entlassen müssen. In ähnlichen Fällen wurde auch schon eine teure Genugtuung fällig.

Anwalt Christoph Bertisch ist sauer auf die Bundesstaatsanwaltschaft.
Foto: Hervé Le Cunff

Bertisch aber musste den Fall zu den Akten legen. Bis er diesen Monat durch Journalisten von dem Strafbefehl erfuhr, auf dem er in dieser Sache noch immer als Verteidiger auftaucht. Das Schreiben, das SonntagsBlick vorliegt, war dem Anwalt nie zugestellt worden.

«Damit wurde eine Verteidigung vorgetäuscht, die der Mann gar nicht mehr hatte», sagt er. Sprich: Der Angeklagte stand bei seiner Verurteilung ohne Anwalt da. Ausserdem habe die Staatsanwältin des Bundes, wie Akten zeigen, mit dem Angeklagten telefoniert. Für Bertisch ein Tabu: «Ein solcher Kontakt ist Behörden und Gerichten untersagt.»

«Dringender Verdacht eines Urkundendelikts»

Das Vorgehen der Bundesanwältin sei kein Versehen, sondern Absicht gewesen, vermutet der Jurist: «Es liegt der dringende Verdacht eines Urkundendelikts vor.» Bertisch erwägt, Anzeige gegen die Bundesanwältin zu erstatten. Und er geht davon aus, dass das Bundesstrafgericht rechtliche Schritte einleitet.

Falschbeurkundung und Amtsmissbrauch – happige Vorwürfe gegen die Beamten aus Bern. Es ist nicht die erste Kritik an deren Arbeit. Die negativen Schlagzeilen rissen in den vergangenen Jahren nicht ab. Etwa, als die Bundesanwaltschaft illegal gegen den Banker Oskar Holenweger vorging.

Es gab ­einen Skandal. Oder wegen des Hells-Angels-Prozesses, der trotz jahrelanger Ermittlungen spektakulär floppte. Auch in der Spionageaffäre um den «Schweizer Spion» Daniel M. gab es Kritik. Und jüngst weigerte sich Michael Lauber, den Postauto-Bschiss zu untersuchen. Auf konkrete Fragen zum Fall ging die Bundesanwaltschaft nicht ein.

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