Wieso der Ständerat sein eigenes Geschäft bachab schickt
Maiensäss-Hickhack im Bundeshaus

Ställe ausbauen wollen die Bündner und Walliser. Doch in Bern beissen die Bergler mit ihren Standesinitiativen auf Granit. Jetzt lehnte die Fachkommission des Ständerats ihr Anliegen ab. Das freut Maiensäss-Schreck Silva Semadeni (SP) – aber auch den Vater der Maiensäss-Initiative Reto Crameri (CVP).
Publiziert: 21.03.2018 um 16:05 Uhr
|
Aktualisiert: 13.09.2018 um 05:09 Uhr
1/5
«Maiensäss-Schreck»: Die Bündner SP-Nationalrätin Silva Semadeni hat die Standesinitiative ihres eigenen Kantons versenkt.
Foto: Keystone
Cinzia Venafro

Geht es um die Raumplanung, wird es emotional: Als der Nationalrat Anfang vergangener Session über zwei Standesinitiativen aus Graubünden und dem Wallis debattierte – die Bergkantone fordern eine Lockerung des Baugesetzes, um ihre Ställe zu Ferienhäusern umbauen zu können –, waren die Fronten verhärtet.

Dieses Gebäude liegt in der Gemeinde Casti-Wergenstein (GR) auf einer Höhe von 1750 M.ü.M. und wurde zu einem Maiensäss ausgebaut
Foto: Reto Crameri (ZVG)

Auf der einen Seite steht Maiensäss-Schreck Silva Semadeni (SP/GR). Die Puschlaverin argumentierte vehement gegen das Anliegen ihres eigenen Kantons. Hauptkritik: Zu Ferienwohnungen umgenutzte Ställe würden früher oder später die öffentliche Hand belasten. «Da werden irgendwann Strassen gebaut, auch wenn die Initianten jetzt das Gegenteil behaupten.» Die Folge: Zersiedelung statt Landschaftsschutz. Da ist sich auch die Stiftung für Landschaftsschutz sicher (BLICK berichtete).

Bündner werfen Nationalrat «zentralistische Raumplanungspolitik» vor

Und Semadeni hatte Erfolg: Zwar sagte der grosse Rat knapp (98 zu 95 Stimmen) Ja zur Maiensäss-Motion. Allerdings nur, mit dem Zusatz in der Vorlage, dass die Umnutzung auf einer regionalen Planung beruhen und zu einer «Verbesserung der Gesamtsituation bezüglich Natur, Kultur, Landschaft und Landwirtschaft» führen müsse.

Stellt sich hinter die Standesinitiative ihres eigenen Kantons: SP-Nationalrätin Silva Semadeni
Foto: Daniel Ammann

Diese Woche nun ging das Geschäft in der vom Nationalrat abgeänderten Version zurück in die ständerätliche Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie (Urek-S). Und huch – sie lehnte den Vorstoss ab, obwohl dieser ursprünglich von eben dieser Kommission herkam.

Paradox: Die Bündner Initianten der Maiensäss-Initiative sind mit dem Kommission-Nein zu ihrer Initiative zufrieden. «Der Entscheid der Kommission ist nachvollziehbar und konsequent», sagt der Bündner CVP-Kantonsrat Reto Crameri.

Schliesslich hätte der Nationalrat seinem Anliegen die Flügel gestutzt. In seinen Augen ist die Variante des Nationalrats «zentralistische Raumplanungspolitik, welche von Bern aus diktiert, was in den Kantonen passieren soll». Crameri folgert deshalb, der ablehnende Entscheid sei als Bekenntnis zum erleichterten Umbau von Maiensässen zu verstehen.

Hoffnung auf die Raumplanungsgesetzes-Revision

Nein heisst hier also Ja, ist Crameri überzeugt. Und er hofft auf den Bundesrat. Dieser wird im Rahmen der Raumplanungsgesetzesrevision (RPG) einen Vorschlag zum Umbau von Maiensässen präsentieren. Gegen Ende Jahr soll die Botschaft dazu vorliegen. «Zusammen mit dem Ständerat werden wir weiter für mehr Freiheiten zugunsten der Kantone kämpfen: Ich bin überzeugt, dass wir zusammen mit dem Ständerat eine mehrheitsfähige Lösung finden werden, die den Umbau von Maiensässen zulässt», sagt der CVP-Mann. Und er hofft, dass dann auch die FDP und die BDP für das Berggebiet stimmen werden.

Verfallen: Ungenutzte Ställe wie dieses Gebäude in Lumbrein, Gemeinde Lumnezia (GR), zwischen 1800 und 1900 M.ü.M.
Foto: Reto Crameri (ZVG)

Auf den Bundesrat hofft jedoch auch Maiensäss-Schreck Semadeni. «Was mit nicht mehr genutzten landwirtschaftlichen Bauten ohne Wohnanteil passieren soll, ist in der anstehenden Revision des Raumplanungsgesetzes auch ohne Motion ein Thema», erklärt sie. Dort werde der Gesetzgeber «zwingend berücksichtigen müssen, dass eine weitere Zersiedelung der Landschaft unerwünscht ist und dass darum ausserhalb der Bauzonen strenge Regeln gelten müssen».

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?