Nach den Anschlägen in Paris im Winter 2015 reagierte die europäische Politik rasch und wollte das Waffenrecht drastisch verschärfen. Die Schweizer Tradition, das Sturmgewehr nach dem Militärdienst zu Hause zu lagern, war in Frage gestellt.
Dieser Vorschlag wurde relativiert, auch auf Druck der Schweiz. Doch der heutige Entscheid wirft dennoch Fragen auf. Mit 491 zu 178 Stimmen bei 28 Enthaltungen hat sich das Parlament in Strassburg für Verschärfungen ausgesprochen.
Problematisch könnte für die Schweiz dabei die Regelung sein, dass Gewehre nur noch mit Magazinen bis 10 Schuss zu Hause aufbewahrt werden dürfen. Das Schweizer Sturmgehr fasst aber 20 Schuss.
Ebenfalls umstritten ist die vorgesehene Pflicht für Waffenhalter, Mitglied in einem Schützenverein zu sein. Für Dora Andres, Präsidentin des Schweizerischen Schiesssportverbands (SSV) ist jetzt klar: «Wir werden das Referendum gegen diese Bestimmungen ergreifen.»
Sollte das Volk den Schützen Recht geben, wäre die Mitgliedschaft der Schweiz im Schengen-Raum in Frage gestellt. Mit dem entsprechenden Abkommen wurden systematische Grenzkontrollen abgeschafft. Andres ist überzeugt, dass die Bevölkerung den Schützen folgt – «auch wenn die Schweiz dadurch aus dem Schengen-Raum fliegt».
Mit den «unsinnigen Verschärfungen» würden keine Terroranschläge verhindert, sondern «aufrechte Waffenbesitzer diskriminiert». In der Schweiz seien diese künftig unter anderem gezwungen, Mitglied in einem anerkannten Schützenverein zu sein.
«Ein solcher Vereinszwang ist für den Schweizer Schiesssportverband inakzeptabel», so die ehemalige Berner Regierungsrätin.
Jubelstimmung herrscht dafür bei Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA). Diese begrüsst die Verschärfungen ausdrücklich. Sekretär Lewin Lempert sagt: «Denjenigen Kreisen, welche aufgrund der Verschärfung sogar mit der Kündigung des Schengen-Abkommens drohen, sind die Toten bei Familiendramen schlicht egal.»
Der Entscheid des EU-Parlaments muss formell noch durch die zuständigen Minister abgesegnet werden. Danach hat der Bundesrat einen Monat lang Zeit zu entscheiden, ob er die Richtlinien übernehmen will.
Ebenfalls heute haben SVP-Nationalrat Jean-Luc Addor und FDP-Ständerat Josef Dittli die Gründung einer parlamentarischen Gruppe «für ein liberales Waffenrecht» bekannt gegeben. (vuc)