Der Abstimmungskampf um das neue Versicherten-Überwachungsgesetz läuft auf Hochtouren. Am Wochenende verteilten die Gegner schweizweit 50'000 Flyers – und die Grünliberalen fassten entgegen der Parteispitze die Nein-Parole.
Zwar haben gemäss den jüngsten Umfragen die Befürworter des Gesetzes die Nase vorn. «Doch die Skepsis gegenüber dem Gesetz wächst», stellt SP-Nationalrat Adrian Wüthrich (38, BE) fest.
Und das auch in Kreisen, von denen es man nicht unbedingt erwarten würde: bei der Polizei! «Unter den Polizisten wird die zunehmende Privatisierung von eigentlichen Polizeiaufgaben – und dazu gehört auch die im Gesetz vorgesehene Observation von Verdächtigen – skeptisch betrachtet», sagt Wüthrich, der den Polizeiverband Bern-Kanton präsidiert. «Wir sollten hoheitliche Aufgaben nicht ohne Not in private Hände geben.»
Bereits zu wenig Polizisten
Der Polizeigewerkschafter hat aber noch eine ganz andere Befürchtung: «Wir haben jetzt schon zu wenig Polizisten. Und es ist absehbar, dass das neue Gesetz die Polizeibestände weiter schwächt.»
Den Grund dafür sieht er in der vom Bundesrat geplanten Ausführungsverordnung. Diese verlangt nämlich, dass die neuen Versicherungsdetektive «über eine Polizeiausbildung oder eine gleichwertige Ausbildung» und über eine «mindestens zweijährige Berufserfahrung in der Personenüberwachung» verfügen.
«Das könnte für die Polizeikorps zum Bumerang werden», warnt Wüthrich. «Es besteht das Risiko, dass die Versicherungen den Kantonen und Gemeinden gut ausgebildete Polizisten abwerben, für deren Ausbildung die Öffentlichkeit viel Geld ausgegeben hat.» Um diese Leute zu ersetzen, müsse wieder viel Aufwand betrieben werden.
Wüthrich hofft auf ein Nein
Der SP-Mann hält es daher für sinnvoller, wenn das Gesetz überarbeitet wird und die Überwachung in Polizeihänden bleibt. Denn: «Private Ermittler haben ein Interesse an möglichst lange dauernden und intensiven Observationen, weil sie damit Geld verdienen.»
Polizeibeamte hingegen würden für eine unabhängige und verhältnismässige Umsetzung sorgen. «Polizisten haben viel Erfahrung und können sich bei Observationen gezielt auf die wirklichen Missbrauchsfälle konzentrieren. Im Gegensatz zu Privatdetektiven haben sie es nicht nötig, monatelang ein Haar in der Suppe zu suchen oder eine Situation zu konstruieren, nur um damit Erfolge feiern zu können.»
Wüthrich hofft deshalb auf ein Nein am 25. November. «Das macht den Weg frei für ein besseres Gesetz.»