Weltweites Migrationsproblem
Die Lösung liegt in der Schweiz

Migrationsforscher Jochen Oltmer stellt klar: Beim UNHCR in Genf schlummert viel Know-how. Nur wird es viel zu wenig genutzt.
Publiziert: 19.04.2016 um 20:15 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 10:00 Uhr
Sicherheitskräfte in Libyen treiben Flüchtlinge zusammen, die über das Mittelmeer nach Europa wollten.
Foto: Dukas
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Guido Felder
«Das UNHCR muss möglichst schnell gestärkt werden.» Jochen Oltmer, Uni Osnabrück (D)
Foto: ZVG

Verzweifelt versucht die EU, das Migrationsproblem in den Griff zu bekommen. Der neuste Ansatz: In Libyen will sie den Wiederaufbau der Küstenwache unterstützen sowie Hilfe bei Polizeiarbeit, Grenzschutz und Bekämpfung von Menschenschmuggel und Terrorismus anbieten.

Der renommierte deutsche Migrationsforscher Jochen Oltmer (51) von der Universität Osnabrück (D) zweifelt an der Wirksamkeit dieser Massnahmen. Oltmer sagt zu BLICK: «Die von der EU unterstützte Einheitsregierung in Libyen besteht immer wieder aus anderen Koalitionen und verfügt kaum über Handlungsvollmacht.» Da könne man nur hoffen, dass die Bemühungen der EU etwas bringen.

Vier Punkte zur Bewältigung der Migration

Oltmer pocht darauf, das Migrationsproblem auf andere Weise anzugehen. Er zielt auf die Schweiz, wo das Uno-Flüchtlings-Hochkommissariat UNHCR seinen Sitz hat. Oltmer: «Das UNHCR muss zwingend möglichst schnell gestärkt werden!»

Das Flüchtlingsproblem bestehe nicht erst seit jüngster Zeit. Schon seit hundert Jahren gebe es weltweit eine grosse Migration aufgrund von Kriegen und Bürgerkriegen. Oltmer: «Europa hat bisher eine Kultur des Wegschauens gepflegt. Man hat es verpasst, Kompetenzen zu entwickeln und Instrumente zu schaffen.»

Diese vier Punkte hält Oltmer zur Bewältigung der Migration für zentral:

1. Die Früherkennnung von Krisenherden.

2. Die weltweite Koordination zwischen Staaten und anderen Organisationen – etwa dem Roten Kreuz, das seinen Sitz ebenfalls in Genf hat.

3. Die Moderation zwischen Konfliktparteien.

4. Die Hilfe an Notleidende.

Oltmer ist überzeugt: «Das UNHCR verfügt über diese Kompetenzen!» Es werde aber von den einzelnen Staaten viel zu selten miteinbezogen. «Zudem muss es ständig um finanzielle Mittel betteln, um seine Arbeit verrichten zu können», sagt Jochen Oltmer.

Die UNHCR-Hilfsprogramme finanzieren sich hauptsächlich durch freiwillige Beiträge von Regierungen sowie Stiftungen und Privatpersonen. Um seine Aufgaben zu erfüllen, kalkulierte das UNHCR für 2015 ein Budget von 7,2 Milliarden Franken. Zur Verfügung standen aber nur 3,3 Milliarden. Die Schweiz stand 2015 mit einem Beitrag von 48,4 Millionen Franken bei den Spenderstaaten an 13. Stelle. Aus Liechtenstein kamen 318'000 Franken.

Oltmer prophezeit, dass die Migrationswelle nach Europa schnell abklingt, wenn die Brandherde im Nahen Osten gelöscht werden können. «Im Verhältnis zur Weltbevölkerung gibt es nicht mehr Flüchtlinge als früher. Die Ströme treten regional auf und nehmen wieder ab.»

Jochen Oltmer fasst zusammen: «Um die Migration in den Griff zu bekommen, muss man dafür gewappnet sein. Die Lösung dazu liegt beim UNHCR in Genf.»

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