US-Botschafter McMullen im Interview
«Donald Trump ist ein guter Mensch»

Seit Ende 2017 residiert Edward McMullen als US-Botschafter in Bern. Die Aufgabe des leutseligen Amerikaners: Der Schweiz Donald Trump erklären.
Publiziert: 22.04.2018 um 17:52 Uhr
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Aktualisiert: 16.01.2021 um 18:03 Uhr
Interview: Christian Dorer und Simon Marti

Er ist Trumps Stellvertreter auf Schweizer Boden. Edward «Ed» McMullen (53). Für ein Sprachrohr des mächtigsten, lauten Mannes der Weltpolitik gibt sich der Südstaatler überraschend zurückhaltend und äusserst zuvorkommend. Als McMullen am Dienstag durch den Newsroom der Blick-Gruppe schreitet, verteidigt er seinen Präsidenten Trump nicht mit lauter Stimme – aber umso entschlossener.

Herr Botschafter, wie ­reagieren die Schweizer auf Sie, den Vertreter von Präsident Trump?
Edward McMullen:
In seinem ersten Amtsjahr waren in Europa noch kaum Botschafter im Amt. So verbreiteten verschiedene Interessengruppen ihre Sicht auf den Präsidenten. Als ich in die Schweiz kam, war mir klar: Wir haben viel Arbeit vor uns! Wir müssen den Leuten erklären, was «America first» wirklich heisst.

Wie wollen Sie das Image Ihres Präsidenten verbessern?
Es half, dass er schon früh in seiner Amtszeit nach Davos ans World Economic Forum (WEF) kam und direkt zu den Politikern und Wirtschaftsvertretern Europas sprechen konnte. Das war sein Reset-Knopf, um klarzumachen: «America first» heisst nicht «America alone».

«Trump ist nicht grau, sondern immer schwarz oder weiss.» Ed McMullen auf dem Balkon des Ringier-Pressehauses in Zürich.
Foto: Thomas Meier

Warum halten ihn viele Menschen für einen schlechten Präsidenten?
Ich sage immer: Bewerten Sie den Mann nach seinen Resultaten! Und die sind gut. Schauen Sie sich die Wirtschaft an. Sie boomt. Und das ist auch gut für die Schweiz – so verzahnt, wie unsere beiden Volkswirtschaften sind.

Wie viele feindliche Reak­tionen erleben Sie?
Ich würde nicht sagen feindlich, aber kritisch, ja. Zum Beispiel Fragen wie: «Warum twittert der Präsident so viel?»

Gute Frage. Warum twittert er so viel?
Wir leben in einer komplett anderen Welt als noch vor wenigen Jahren. Der Präsident nutzt Twitter sehr effektiv, um sich direkt an das amerikanische Volk zu wenden.

Die Aggressivität, mit der er twittert, ist nicht sehr präsidial.
Die Europäer sind zurückhaltender mit Social Media, ganz anders als wir Amerikaner. Jeder Präsident der Zukunft wird Twitter aggressiv nutzen. Vielleicht sogar noch aggressiver als der jetzige. Donald Trump spricht die Dinge sicher anders an als seine Vorgänger. Er ist ein Geschäftsmann. Er trat nicht als Politiker an, denn er ist kein Politiker.

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Seine Tweets sind unberechenbar.
Ich habe ihn nie unberechenbar erlebt. Aber er ist nicht grau, sondern immer schwarz oder weiss. Er hört alle Seiten an. Er ist offen für andere Meinungen. Aber er fällt die Entscheidungen. Er ist der Boss. Er trägt die Verantwortung.

Nehmen wir Syrien: Als Herr Trump noch nicht im Amt war, forderte er Barack Obama auf, sich aus diesem Krieg herauszuhalten. Warum hat er seine Meinung geändert?
Das hat er nicht. Heute aber ist die Situation eine andere als damals. Der Präsident hat gemeinsam mit Frankreich und Grossbritannien ­eines klargemacht: Im 21. Jahrhundert haben Genozid und chemische Waffen keinen Platz. Kein zivilisierter Mensch kann einfach zuschauen, wenn Kinder vergast werden.

Ist das die rote Linie: die Kriegführung mit chemischen Waffen?
Genau das haben Herr Ma­cron, Frau May und Donald Trump klargemacht. Der Welt wurde erklärt, dass Syriens Chemiewaffen zerstört wurden. Das stimmt nicht. Jemand erzählt nicht die Wahrheit. Warum diese Waffen noch immer existieren, diese Frage muss geklärt werden.

Trumps Unterstützer wie zum Beispiel Fox News sind entsetzt über das Eingreifen in Syrien.
Jeder kann hinterher sagen, wie er sich an seiner Stelle verhalten hätte. Er aber hat aus Überzeugung gehandelt. Die USA und die zivilisierte Welt stehen hinter ihm.

Die Beziehungen zu Russland verschlechtern sich. Rutschen wir in einen neuen Kalten Krieg?
Darüber kann ich nicht spekulieren, ich bin Botschafter in der Schweiz.

Was aber die Schweiz betrifft: Schweizer Firmen wurden plötzlich sanktioniert wegen ihres Hauptaktionärs Viktor Vekselberg. Warum müssen Schweizer Angestellte unter dem Streit der Grossmächte leiden?
Das Problem wurde gelöst. Unsere Regierung geht streng gegen russische Oligarchen vor, die Demokratien und freie ­Länder unterminieren. Als Schweizer Interessen tangiert wurden, hat unsere Regierung rasch reagiert. Das lag auch daran, weil einige Mitglieder des Bundesrats schnell und überlegt handelten. Es war nie unsere Absicht, jemand anderes als die Oligarchen zu treffen.

Klare Worte von McMullen: «Sie wissen immer, woran Sie bei Trump sind.»
Foto: Thomas Meier

Besteht eigentlich die Chance, dass Trump sich mit Kim Jong Un in der Schweiz trifft?
Es ist noch nicht entschieden. Die Schweiz hat dies angeboten, und es ist klar, dass die Schweiz eines der am besten geeigneten Länder für Gespräche wäre. Wir trauen der Schweiz.

Sie kennen Trump seit vielen Jahren persönlich. Wie ist es, mit ihm zusammenzuarbeiten?
Er ist ein guter Mensch! Fair, voller Energie und deutlich. Sie müssen nicht raten, woran Sie bei ihm gerade sind – Sie wissen es immer. Ich bin Geschäftsmann wie er und habe diese Aufgabe angetreten in der Überzeugung, dass dieses Land eine andere Richtung einschlagen muss. Gerade in der Wirtschaftspolitik wurde manches während Jahrzehnten nicht angegangen. Egal, ob nun Demokraten oder Republikaner an der Macht waren.

«Die Schweizer betrachten ihr Land oft als klein. In unseren Augen ist die Schweiz so viel mehr.»
Foto: Thomas Meier

Können Sie Trump jederzeit anrufen?
Wenn es sein muss, dass Dinge dem Präsidenten zur Kenntnis gebracht werden müssen, dann gibt es die Wege dazu. Das kommt aber nicht oft vor. Ich kann Ihnen aber sagen: Als der Präsident in Davos war, zeigte er sich sehr interessiert an unseren Beziehungen zur Schweiz. Und wie sich diese Beziehungen entwickeln sollen.

Wie will er die Beziehungen zur Schweiz entwickeln?
Auslandsinvestitionen sind ein riesiges Anliegen für die Vereinigten Staaten. Und die Schweiz ist unser siebtwichtigster ausländischer Investor. Gleichzeitig investieren viele amerikanische Firmen in der Schweiz. Das zeigt, wie speziell unsere Beziehung ist. Die Schweizer betrachten ihr Land oft als klein. In unseren Augen ist die Schweiz so viel mehr. Unsere Beziehung ist einzigartig in Europa – und dessen ist sich der Präsident sehr bewusst!

Wird er auch 2019 ans WEF kommen?
Ich hoffe es! Er liebt die Schönheit der Schweiz. Und er liebt die Menschen hier. Allerdings kenne ich nicht viele Präsidenten, die zweimal hintereinander ans WEF gekommen sind. Bereits sicher ist, dass wichtige Regierungsvertreter teilnehmen werden.

Sie betonen die Erfolge von Donald Trump. Wie erklären Sie sich, dass er kritisiert wird wie wenige Präsidenten vor ihm?
Das glaube ich nicht. Präsident Obama wurde ebenfalls scharf kritisiert. Wäre Hillary Clinton gewählt worden, wäre es ebenso. Denn mein Land ist stark geteilt. Der Präsident hat einen guten Job gemacht, indem er Wählersegmente auf seine Seite gebracht hat, die in der Vergangenheit nicht re­pub­likanisch gewählt haben. Nehmen Sie die Arbeiter aus der Mitte des Landes: Diese Menschen haben seit Ronald Reagan nicht mehr für die Republikaner gestimmt. Trump strengt sich enorm an, das Land zusammenzubringen, aber eine Spaltung wird immer da sein. Auch nach acht Jahren seiner Präsidentschaft.

Acht Jahre?
Ja, acht Jahre! Unser Anliegen ist einfach: Die Bedürfnisse der Wirtschaft sollen nicht parteipolitisch betrachtet werden. Geht es der Wirtschaft gut, werden Stellen geschaffen und alle profitieren. Und hier macht der Präsident einen sehr guten Job. Deshalb wird er wiedergewählt werden.

Vom Wahlkämpfer zum Vertreter in Bern: Ed McMullen und US-Präsident Donald Trump (l.).
Foto: ZVG

Sie klingen versöhnlich. Trump jedoch geht hart mit seinen Gegnern um. Nicht zuletzt mit jenen, deren Job es ist, der Regierung auf die Finger zu schauen: den Journalisten.
Ich bin und war nie ein Kritiker der freien Presse. Im Gegenteil: Ich glaube an die offene Presse! An Medien, die richtig und fair berichten und eine ausgewogene Debatte ermöglichen.

Trump hat den Begriff «Fake News» geprägt für Dinge, die ihm nicht passen.
Mir gefällt es, dass dieser Begriff auch in der Schweiz gebraucht wird. Es scheint keine Übersetzung zu geben (lacht). Vielleicht auch, weil die Bevölkerung hier eine faire Berichterstattung erwartet – und auch bekommt. In den USA bessert sich die Situation aber auch, weil die Menschen auf beiden Seiten des politischen Spektrums keine einseitigen Medien wollen.

Ist es nicht auch Präsident Trump, der mit seiner Aggressivität ein Klima schafft, dass die Spaltung im Land verschärft?
Nein. Es ist seine Art, seine Botschaften zu platzieren. Er wird sich dafür nicht entschuldigen. Und das sollte er auch nicht. Kommt hinzu, die Menschen in ländlichen Gegenden sind nicht derart fixiert auf die Politik. Sie wollen, dass es der Wirtschaft gut geht. Ich wäre sehr vorsichtig zu sagen, das seien die USA, was auf CNN oder irgendeinem anderen Sender gezeigt wird.

Das ist nun wieder die Medienkritik, die wir von Ihrer Regierung kennen.
Ich kenne viele Journalisten, die engagiert und fair berichten. Darunter sind Linke und Rechte. An diese Leute wenden sich die Menschen für eine faire Debatte, die wir brauchen. Sehen Sie, Demokratie ist nicht hübsch. Die Diskussionen sind strittig. Es geht ja auch darum, Wahlen zu gewinnen.

Edward McMullen

Edward McMullen wurde 1964 geboren. Der studierte Politikwissenschaftler lernte Donald Trump (71), damals noch Geschäftsmann, in den 80er-Jahren bei einem Baseballspiel kennen. In seinem Heimatstaat South Carolina organisierte er Trumps innerparteilichen Wahlkampf. Bevor McMullen im November zum Botschafter in Bern ernannt wurde, führte er seine eigene Werbefirma.

«Trump ist nicht grau, sondern immer schwarz oder weiss.» Ed McMullen auf dem Balkon des Ringier-Pressehauses in Zürich.
Thomas Meier

Edward McMullen wurde 1964 geboren. Der studierte Politikwissenschaftler lernte Donald Trump (71), damals noch Geschäftsmann, in den 80er-Jahren bei einem Baseballspiel kennen. In seinem Heimatstaat South Carolina organisierte er Trumps innerparteilichen Wahlkampf. Bevor McMullen im November zum Botschafter in Bern ernannt wurde, führte er seine eigene Werbefirma.

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