Aussenminister Ignazio Cassis (57) spielte nach dem Nicht-Entscheid zum Rahmenabkommen die Dringlichkeit des Geschäfts herunter. Es habe keine von Brüssel gesetzte Deadline gegeben, sagte der EDA-Vorsteher am Freitag – dabei hatte zuvor die Einigkeit geherrscht, dass Brüssel bis am 7. Dezember eine Paraphierung verlangt. Die Landesregierung beharrt in der Europapolitik auf dem Schritttempo und behauptet dazu, dass das im Sinne der EU sei.
Von einem solchen Verständnis ist im Europäischen Parlament allerdings gar nichts zu spüren.
Der deutsche CDU-Politiker Andreas Schwab (45) zum Beispiel sagt gegenüber SonntagsBlick klipp und klar: «Bis zum Ende des Jahres müssen wir definitiv zum Abschluss kommen.»
Schwab ist im EU-Parlament stellvertretender Vorsitzender der zuständigen Delegation für die Beziehungen zur Schweiz. Im Bereich der Streitbeilegung sei die EU der Schweiz entgegengekommen. «Der Ball liegt jetzt bei der Schweiz.» Man brauche «jetzt» eine Entscheidung, weil nächstes Jahr Europawahlen und Nationalratswahlen in der Schweiz anstehen. «Wir haben jetzt ein einmaliges Zeitfenster, um die Verhandlungen zum Erfolg zu führen. Die Schweiz muss sich einig werden und ihre Position zur EU klären.»
Spiele der Bundesrat weiter auf Zeit, bleibe man auf dem jetzigen Stand der Beziehungen stehen. Schwab zu einem möglichen Nein der Schweiz: «Ohne Rahmenabkommen wird es keine neuen Abkommen geben. Die Beziehungen beginnen zu erodieren.» Des Weiteren sei dann auch die Verlängerung der Börsenäquivalenz «fraglich».
«Im Falle eines Scheiterns würden beide Seiten verlieren»
Präsident der Schweiz-Delegation ist der Däne Jørn Dohrmann (49). Als Politiker der rechtspopulistischen dänischen Volkspartei hat er naturgemäss Verständnis für die Schweizer Angst vor einem Souveränitätsverlust. Doch er sagt: «Im Falle eines Scheiterns würden beide Seiten verlieren.» Eine Situation ohne Rahmenvertrag würde die aktuellen Abkommen zwischen Brüssel und Bern gefährden. «Wo das Ganze enden könnte, ist schwierig vorauszusagen. Aber der Schweizer Bevölkerung muss die Situation präsentiert werden.»
Dass ein neu zusammengesetzter Bundesrat und eine neue EU-Kommission neuen Schwung in die Verhandlungen bringen könnten, wie in Bern manche hoffen, bezweifelt Dohrmann: «Die Eckpunkte des Deals sind bereits aufgegleist. Die werden sich nicht ändern, und eine neue Regierung wird nichts Neues auf den Verhandlungstisch legen können.»
Ungeduldiger Juncker
Noch skeptischer ist Elmar Brok (72). Der deutsche CDU-Europa-Abgeordnete ist ein enger Vertrauter von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker (63). Für die Schweizer Sorgen, etwa wegen des Lohnschutzes, hat Brok «kein Verständnis». Bleibe die Schweiz hart, könne die EU halt auch Dinge beschliessen, «die wir haben wollen».
Juncker selber liess am Freitag per Communiqué seine Ungeduld durchblicken: Vom Bundesrat erwarte man, «dass die Konsultierung zügig durchgeführt wird». Und man hoffe auf ein «positives Ergebnis».
CDU-Politiker Elmar Brok weibelte im September im Bundeshaus für das Rahmenabkommen – im Auftrag seines Vertrauten, EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker.
SonntagsBlick: Der Bundesrat spielt auf Zeit. Hat die EU noch Geduld?
Elmar Brok: Wenn der Bundesrat den Vertrag in die Konsultation gibt, bedeutet das, dass man nicht vor 2020 wieder ins Gespräch kommt. Dann haben wir eine neue EU-Kommission. Die muss im Herbst 2019 nach den Wahlen neu zusammengestellt werden.
Dann müsste man bei Feld eins beginnen?
Das muss nicht sein. Aber die Schweiz wird den ihr besonders wohlgesinnten Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker verlieren. Er ist persönlich sehr enttäuscht.
Verstehen Sie die Schweizer Skepsis?
Natürlich. Aber die meisten Probleme sind gelöst. Bei der Lohnfrage habe ich kein Verständnis.
Die Schweiz hat ein höheres Lohnniveau. Das will man schützen.
Wir haben in der EU die Rechtsgrundlage, dass das Tarifrecht des jeweiligen Staates gilt. Ausländische Arbeitnehmer werden nach den Tarifregeln des Landes bezahlt, in dem sie arbeiten. Dasselbe gilt für die Schweiz.
Was, wenn eine Einigung scheitert?
Dann macht die EU dasselbe wie die Schweizer – und wir beschliessen Dinge, die wir haben wollen. Manchen wird das vielleicht nicht passen.
Konkret?
Da gibt es verschiedene mögliche Bereiche. Energie- und Börsenfragen zum Beispiel.
CDU-Politiker Elmar Brok weibelte im September im Bundeshaus für das Rahmenabkommen – im Auftrag seines Vertrauten, EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker.
SonntagsBlick: Der Bundesrat spielt auf Zeit. Hat die EU noch Geduld?
Elmar Brok: Wenn der Bundesrat den Vertrag in die Konsultation gibt, bedeutet das, dass man nicht vor 2020 wieder ins Gespräch kommt. Dann haben wir eine neue EU-Kommission. Die muss im Herbst 2019 nach den Wahlen neu zusammengestellt werden.
Dann müsste man bei Feld eins beginnen?
Das muss nicht sein. Aber die Schweiz wird den ihr besonders wohlgesinnten Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker verlieren. Er ist persönlich sehr enttäuscht.
Verstehen Sie die Schweizer Skepsis?
Natürlich. Aber die meisten Probleme sind gelöst. Bei der Lohnfrage habe ich kein Verständnis.
Die Schweiz hat ein höheres Lohnniveau. Das will man schützen.
Wir haben in der EU die Rechtsgrundlage, dass das Tarifrecht des jeweiligen Staates gilt. Ausländische Arbeitnehmer werden nach den Tarifregeln des Landes bezahlt, in dem sie arbeiten. Dasselbe gilt für die Schweiz.
Was, wenn eine Einigung scheitert?
Dann macht die EU dasselbe wie die Schweizer – und wir beschliessen Dinge, die wir haben wollen. Manchen wird das vielleicht nicht passen.
Konkret?
Da gibt es verschiedene mögliche Bereiche. Energie- und Börsenfragen zum Beispiel.