Rezept gegen Prämienanstieg?
Mit mehr Transparenz gegen Abzocker-Ärzte

Patientinnen und Patienten sollen künftig auf Arztrechnungen sehen, wie lange die Behandlung gedauert hat und so übertriebene Kosten erkennen. Damit sollen Gesundheitskosten gespart werden. Doch bürgerliche Gesundheitspolitiker wehren sich dagegen.
Publiziert: 27.09.2023 um 11:59 Uhr
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Die Gesundheitskosten steigen auch nächstes Jahr an.
Foto: Getty Images/PhotoAlto
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Sophie ReinhardtRedaktorin Politik

Der nächste Prämienhammer saust auf die Schweizer Bevölkerung nieder. 2024 steigt die mittlere Prämie für die obligatorische Grundversicherung im Schnitt um 8,7 Prozent.

Die Politik weiss: Es muss etwas passieren, um unsere Portemonnaies künftig vor happigen Rechnungen der Krankenkassen zu bewahren. Umso besser scheint darum auf den ersten Blick, dass sich schon diesen Donnerstag der Nationalrat über ein neues Massnahmenpaket zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen beugt. 

Eher ein Reförmchen erwartet

Allerdings verspricht der Name deutlich mehr, als wirklich zu erwarten ist. Im Paket wird ein bunter Strauss an Massnahmen vorgeschlagen, die wenig miteinander zu tun haben, von der Kostenübernahme von Behandlungen während der Schwangerschaft bis zur elektronischen Rechnungsübermittlung. Gesundheitspolitiker von links bis rechts sind sich einig: Es ist keine grosse Reform, und darum werden die Gesundheitskosten auch keineswegs massiv geringer. 

Um einen Punkt aber wird gestritten. Die Gesundheitskommission schlägt vor, dass künftig auf den Rechnungen der Ärztinnen und Ärzte insbesondere das Datum sowie die Dauer der Konsultation aufgeführt wird. «Die standardisierten Rechnungen sind heute manchmal weit weg von der Realität. Die Zeitangabe wird helfen, die grössten Missbräuche zu korrigieren», sagt SP-Gesundheitspolitiker Pierre-Yves Maillard (55).

Rechnungen stimmen nicht immer

Auch die Krankenversicherer unterstützen die Änderung. «Das trägt zur Transparenz bei», sagt Manuel Ackermann, Sprecher vom Verband Santésuisse. Zwar würden die Krankenkassen schon heute einen bedeutenden Teil ihrer Tätigkeit darin investieren, Rechnungen zu überprüfen. Für die Patientinnen und Patienten seien die heutigen Tarmed-Rechnungen aber nur schwer zu durchschauen.

Würde daraus ersichtlich, wie lange ein Arztbesuch oder eine Therapiesitzung gedauert hat, könnten die Patientinnen das besser überprüfen. Nötig wäre es: Eine Blick vorliegende Liste eines Versicherers zeigt nämlich auf, dass Ärzte immer mal wieder mehr abrechnen als nötig wäre. So stimmen etwa Operationszeiten und verrechneten Gesamtstunden nicht überein.

In einem Beispiel verrechnete ein Spital über neun Stunden für die Anästhesie für eine Operation, die nur zwei Stunden dauerte. Bei einer anderen, dreistündigen Operation wurden auch neun Stunden für die Anästhesie abgerechnet. Bei einer Überprüfung der Rechnung durch die Versicherung flog das Ganze auf. 

Mediziner befürchten mehr Bürokratie

Bei einer anderen Überprüfung stellte die Kasse fest: Auf der Rechnung angegeben wurden Psychotherapiesitzungen à 70 Minuten. Der Versicherte beteuerte jedoch, dass die Konsultationen jeweils nur etwa 40 bis 45 Minuten gedauert hätten.

Auch die Unfallversicherung Suva überprüfte letztes Jahr 2,5 Millionen Arzt- und Spitalrechnungen. Zehn Prozent davon wiesen offenbar Fehler oder Ungenauigkeiten auf und wurden zurückgewiesen oder beanstandet. Bei den meisten Rückweisungen habe es sich um doppelte Rechnungen, falsch verrechnete oder nicht versicherte Leistungen sowie vereinzelt auch um Rechnungen mit Leistungen, die gar nicht erbracht wurden. 

Es gäbe schwarze Schafe unter Medizinern, sagt auch FDP-Nationalrat Andri Silberschmidt (29). Man dürfte deshalb aber auf keinen Fall sämtlichen Ärzten neue Bürokratieregeln aufbürden, die zu Mehrkosten führen. Er unterstützt deshalb einen Antrag von Thomas de Courten (57, SVP), der diese Regelung aus dem Paket streichen will. Viele Mediziner wie Kinder- und Hausärzte seien schon vielerorts rar. Diese seien nicht erpicht darauf, noch mehr Büroaufgaben zu übernehmen, so Silberschmidt.

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