Ist Jonas Fricker noch tragbar für die Grünen? Sicher ist: Es ist Feuer im Dach bei der Partei des Aargauer Nationalrats, der am Donnerstag im Parlament für einen Skandal gesorgt hat (BLICK berichtete).
Fricker (40/AG) spricht im Nationalrat zur Fair-Food-Initiative seiner Partei. Er will auf die Zustände in der Massentierhaltung aufmerksam machen, liest aus seinem vorbereiteten Votum vor: Er behauptet, den Juden sei es unter Hitler besser gegangen als Schweinen bei uns. «Die Menschen, die dort deportiert wurden, die hatten eine kleine Chance zu überleben. Die Schweine, die fahren in den sicheren Tod.»
Fricker bedauert
Kleinlaut entschuldigt sich Fricker später im Saal, nachdem Parteimitglieder wie Fraktionschef Balthasar Glättli (45) seine Äusserungen «inakzeptabel» finden. Er bedaure den Vergleich zutiefst. Er sei «zuweilen naiv», sagte er gestern in der «Aargauer Zeitung». «Ich bin ein emotionaler Mensch, der manchmal spricht, ohne genügend darüber nachzudenken …»
Diese halbbatzige Erklärung habe den Eklat noch schlimmer gemacht, sagen Parteimitglieder jetzt. BLICK weiss: Bei den Aargauer Grünen kam es deswegen gestern zu einem Parteiaustritt. Am Montagabend findet eine ausserordentliche Vorstandssitzung in der Causa Fricker statt. Es wird eng für den dreifachen Familienvater! Frickers Vergleich wird auch an der Mitgliederversammlung Ende Oktober «ein Thema sein», bestätigt Daniel Hölzle, Präsident der Kantonalpartei.
«Reicht nicht als Entschuldigung»
Doch ob er dann überhaupt noch Parteimitglied sein wird, ist fraglich: «Ich akzeptiere die Ausflüchte von Jonas Fricker nicht. Sich naiv und dumm zu nennen, reicht nicht als Entschuldigung», sagt Parteikollege und Historiker Jo Lang (63). Frickers Aussagen «sind viel zu schwerwiegend, als dass man sich dafür einfach so lapidar entschuldigen kann». Er fordert von Fricker «eine substanzielle Entschuldigung».
Fricker müsse erläutern, «welche Bedeutung die Schoa in der abendländischen Geschichte hat. Anerkennt er die systematisch geplante, industriell durchgeführte Vernichtung von einer menschlichen Gruppe, mit dem Ziel ALLE zu töten, als das grösste Verbrechen in der uns bekannten Menschheitsgeschichte?», fragt Lang. Zudem verlange er von Fricker «Einsicht, dass es unzulässig ist, Tierquälerei und Verbrechen gegen die Menschlichkeit gleichzustellen».
Parteiausschluss «als letzte Konsequenz»
Falls Fricker nicht bereit sei, diese Klärung zu machen, «stellt sich die Frage nach der Parteizugehörigkeit». Solche Aussagen «widersprechen den humanistischen Grundsätzen» der Partei. «Die Grünen wollen kein Mitglied, das solche schlimmsten Vergleiche macht und sie dann nicht einmal richtig klarstellt. Darum ist die letzte Konsequenz ein Ausschluss aus unserer Partei», sagt Lang.
Und Fricker selbst? BLICK hat gestern erfolglos versucht, den Nationalrat zu erreichen. Auch der Schlussabstimmung der Herbstsession im Nationalrat blieb er fern.
Pikant: Fricker ist im Patronatskomitee des Projekts «Doppeltür», das an die 250 Jahre dauernde christlich-jüdische Symbiose in den aargauischen Dörfern Endingen und Lengnau erinnern möchte. «Wir werden besprechen, ob Jonas Fricker noch tragbar ist für uns», sagt Präsident Lukas Keller. «Seine Aussagen sind ein absolutes No-Go. Wir entscheiden im November, wie wir mit der Person Jonas Fricker weiter verfahren.»
Ein Kommentar von Andreas Dietrich, Chefredaktor BLICK
Nationalrat Jonas Fricker ist kein Neonazi, kein Faschist, kein Holocaust-Leugner. Ein scheinbar harmloser Grüner, der sich auf seiner Homepage als «glücklich verheiratet, liebender Vater dreier Kinder» beschreibt.
Und doch hat er gestern im Parlamentssaal Folgendes von sich gegeben: Die von den Nazis verfolgten Juden – konkret gar jene, die in Deportationszügen nach Auschwitz eingepfercht waren – hätten bessere Überlebenschancen gehabt als Schweine heute. Ein skandalöser Vergleich, Ausdruck monströser Ignoranz.
Wie geschieht so etwas? «Aus Naivität», entschuldigt sich der ausgebildete Sekundarlehrer. Nun denn: Der Mann hat sich im Voraus Gedanken gemacht, seine Rede vorbereitet, seine Worte gezielt gewählt. Wenn dabei Naivität herauskommt – dann ist diese offensichtlich fester Bestandteil seiner geistigen Beschaffenheit. Da fragt man sich, wie ein derart naiver Politiker ernst zu nehmende Politik machen will.
Auch wenn er es selber nicht so sieht: Fricker gesellt sich zu jenen freundlich umherirrenden Naturideologen, die mit der Überhöhung des Tiers die Erniedrigung des Menschen in Kauf nehmen. In militanter Tierliebe steckt leider oft ein beängstigendes Stück Menschenfeindlichkeit. Kein Homo sapiens mit intaktem ethischem Kompass vergleicht Juden mit Schweinen.
Fricker ist Parlamentarier. Das Wort leitet sich ab aus dem Französischen parler: reden. Im Parlament wird der Wettkampf der Ideen mit Worten ausgetragen. Wenn Parlamentarier Wert und Wirkung von Worten verkennen, wenn man sie nicht an ihren Worten messen kann – woran dann?
Frickers Worte müssen beim Wort genommen werden. Sie sind, was sie sind: eine Ungeheuerlichkeit.
Ein Kommentar von Andreas Dietrich, Chefredaktor BLICK
Nationalrat Jonas Fricker ist kein Neonazi, kein Faschist, kein Holocaust-Leugner. Ein scheinbar harmloser Grüner, der sich auf seiner Homepage als «glücklich verheiratet, liebender Vater dreier Kinder» beschreibt.
Und doch hat er gestern im Parlamentssaal Folgendes von sich gegeben: Die von den Nazis verfolgten Juden – konkret gar jene, die in Deportationszügen nach Auschwitz eingepfercht waren – hätten bessere Überlebenschancen gehabt als Schweine heute. Ein skandalöser Vergleich, Ausdruck monströser Ignoranz.
Wie geschieht so etwas? «Aus Naivität», entschuldigt sich der ausgebildete Sekundarlehrer. Nun denn: Der Mann hat sich im Voraus Gedanken gemacht, seine Rede vorbereitet, seine Worte gezielt gewählt. Wenn dabei Naivität herauskommt – dann ist diese offensichtlich fester Bestandteil seiner geistigen Beschaffenheit. Da fragt man sich, wie ein derart naiver Politiker ernst zu nehmende Politik machen will.
Auch wenn er es selber nicht so sieht: Fricker gesellt sich zu jenen freundlich umherirrenden Naturideologen, die mit der Überhöhung des Tiers die Erniedrigung des Menschen in Kauf nehmen. In militanter Tierliebe steckt leider oft ein beängstigendes Stück Menschenfeindlichkeit. Kein Homo sapiens mit intaktem ethischem Kompass vergleicht Juden mit Schweinen.
Fricker ist Parlamentarier. Das Wort leitet sich ab aus dem Französischen parler: reden. Im Parlament wird der Wettkampf der Ideen mit Worten ausgetragen. Wenn Parlamentarier Wert und Wirkung von Worten verkennen, wenn man sie nicht an ihren Worten messen kann – woran dann?
Frickers Worte müssen beim Wort genommen werden. Sie sind, was sie sind: eine Ungeheuerlichkeit.