Im letzten Herbst erhielten die Luzerner Schüler eine zusätzliche Woche Ferien. Genauer gesagt: Zwangsferien. Der Kanton strich aus finanziellen Gründen eine Schulwoche. Gestern protestierten über tausend Schüler gegen diese Sparmassnahme. Auch in vier weiteren Kantonen wurde gegen den Bildungsabbau demonstriert.
Wie die Zahlen des Bundes belegen, sind zwar die Bildungsausgaben gestiegen, doch der Abbau bei den Grundschulen sei schlimmer als befürchtet und belaufe sich inzwischen auf weit über eine Milliarde Franken, heisst es von Seiten des Lehrerverbands. «Gemessen am heutigen Auftrag haben Lehrpersonen, Kinder und Eltern damit eindeutig die schlechteren Bedingungen als früher», sagt Lehrerpräsident Beat Zemp der «Aargauer Zeitung».
Kostenpflichtiger Instrumentalunterricht
Der Spardruck, der auf den Schulen lastet, zeigt sich in verschiedenster Form. So werden Freifächer, Projektwochen und Lager gestrichen, Instrumentalunterricht wird kostenpflichtig, oder es gibt, wie eben in Luzern, Zwangsferien.
Doch sparen könne man auch, ohne dass Schüler darunter leiden müssten, erklärt der Pisa-Leiter und OECD-Bildungsdirektor Andreas Schleicher der Zeitung. Die effizienteste Lösung für die Schweiz liege in der Klassengrösse. In der Schweiz sitzen durchschnittlich 19 Schüler im Zimmer – im Pisa-Schnitt sind es 23.
Für Schleicher ist klar: «Wenn sich die Schweiz kleinere Klassen leistet, muss sie woanders den Sparhammer ansetzen – beim Unterstützungspersonal beispielsweise.» Wenn aber die Unterrichtsqualität darunter leide, sei dies falsch.
China macht es vor
Das Beispiel China oder Singapur zeige , dass grössere Klassen nicht schlechtere Schulleistungen bedeuteten, meint Schleicher. Dort seien manchmal bis zu 40 Schüler in einer Klasse, «trotzdem sind die Leistungen gleich gut oder besser als in der Schweiz».
Eine Massnahme wie in Luzern empfindet Schleicher als bizarr. «Von einer solchen Massnahme habe ich in all den Jahren nur einmal gehört», sagt Schleicher. Dies sei zum Zeitpunkt der Finanzkrise in Kalifornien gewesen.
Keine Option bei verhaltensauffälligen Schülern
Auch Stefan Wolter, Direktor der Schweizerischen Koordinationsstelle für Bildungsforschung, sieht in den Schülerzahlen die beste Option zum Sparen. Nur mit einem Kind mehr pro Klasse könnten insgesamt 500 Millionen Franken gespart werden, ohne dass darunter die Leistung leiden müsse, sagt Wolter der «Aargauer Zeitung».
In ländlichen Gebieten mit Kleinklassen von teilweise acht bis neun Schülern wäre dies durchaus eine Option, meint Lehrerpräsident Zemp. «Hier würde es sich lohnen, die Schulbezirke neu einzuteilen und zwei Klassen zusammenzulegen.» In anderen Fällen, beispielsweise bei verhaltensauffälligen Schülern, hätten grössere Klassen jedoch negative Folgen. (thk)