Es war ein schwarzer Sonntag für die SVP – aber nicht alle haben verloren. Jacqueline Hofer (48) zum Beispiel hat gesiegt. Die Immobilientreuhänderin holte in Dübendorf ZH einen Sitz im siebenköpfigen Stadtrat.
Allerdings dürften viele Dübendorfer gar nicht mitbekommen haben, dass die ehemalige Präsidentin der Zürcher SVP Frauen seit Jahren stramm auf Parteilinie politisiert. Auf ihrem Wahlplakat suchte man das legendäre Sünneli-Logo und den SVP-Schriftzug vergebens.
Hofers Wahlversprechen hätten auch schlecht zum sonst so aggressiven Ton der Partei gepasst. Jacqueline Hofer will «Hürden abbauen» und präsentiert sich als Pragmatikerin: Sie möchte «mit allen Betroffenen zusammenarbeiten».
«Lösungsorientierte Positionen»
Auch im Gespräch mit SonntagsBlick bezeichnet sich die 48-Jährige als Konsenspolitikerin: «Ich nehme die Anliegen der Bevölkerung ernst und unterstütze lösungsorientierte Positionen zum Nutzen der Allgemeinheit.»
Der Fall Hofer ist symptomatisch für eine Partei, die aus dem Tritt geraten ist. Noch vor wenigen Jahren strotzte die SVP vor Selbstvertrauen – jetzt regiert die Verunsicherung, ja schiere Angst. Wie lädiert die Schweizerische Volkspartei derzeit unterwegs ist, zeigt sich auch am Mittwochabend in Egg, im Zürcher Oberland, wo die Delegierten der Zürcher Kantonalpartei über das neue Geldspielgesetz diskutieren. Die Meinungen scheinen gemacht. Dann stellt ausgerechnet Nationalrat Thomas Matter (52) – ein erklärter Gegner der Vorlage – einen Antrag auf Stimmfreigabe.
«In der jetztigen Situation», sagt Matter, seien individuelle Voten klüger als eine simple Ja- oder Nein-Parole. Ausgerechnet die SVP, die dem Gegner immer wieder vorwirft, Wischiwaschi-Politik zu betreiben, soll sich hier um eine klare Stellungnahme drücken? Klar ist: Viele in der Blocher-Partei haben seit dem No-Billag-Debakel Angst, ein weiteres Mal als Verlierer dazustehen.
Früher konnte man angesichts von Niederlagen wenigstens auf Geschlossenheit verweisen – aber in der Debatte über das Geldspielgesetz herrscht jetzt totale Konfusion. Die nationalen Delegierten waren für Stimmfreigabe, die Zürcher am Schluss dann doch gegen das Gesetz, während sich die Berner Kantonalpartei am Donnerstagabend für die umstrittene Vorlage ausgesprochen hat.
Verlierer gibt es so oder so
Logischerweise steht damit schon heute fest: Einige SVP-Exponenten werden am 10. Juni nicht als Gewinner aus dem Urnengang hervorgehen.
Christoph Blocher (77) kreuzte nicht in Egg auf. Er hatte gleichentags in Basel zu tun, wo der eben als Parteistratege Zurückgetretene den Verkauf seiner «Basler Zeitung» an Tamedia bekannt gab.
Einige seiner Parteigänger im fernen Egg und im Bundeshaus reagierten auf den publizistischen Flop mit kaum verborgener Schadenfreude. Blocher gelinge eben auch nicht alles, so ihr Fazit.
Tatsächlich passt der unrühmliche Abgang des alt Bundesrats aus Basel ins Gesamtbild, das die Partei derzeit abgibt. Vor acht Jahren wurde bekannt, dass Blocher das Blatt gekauft hatte. Es war die Zeit des Siegesrausches: Die SVP gewann im Alleingang die Ausschaffungs-Initiative, reihte Wahlerfolg an Wahlerfolg. Niemand schien die SVP stoppen zu können. Im Februar 2014 triumphierte sie dann auch noch uneingeschränkt mit ihrem Masseneinwanderungs-Begehren.
Blocher-Gegner glaubten damals, nach dem Kauf der «Basler Zeitung» werde Blocher sein eigenes Medienimperium aufbauen, einer «Berlusconisierung» des Landes stehe kaum noch etwas im Wege.
Solche Sorgen muss sie seit diesem Mittwoch definitiv niemand mehr machen.