Die Analyse fällt scharf aus, das Verdikt eindeutig: Der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) hat im Fall des 2017 in Deutschland verhafteten Spions Daniel Moser geltendes Recht verletzt.
Achtzig Seiten umfasst der Bericht, in dem die Geschäftsprüfungsdelegation des Parlaments (GPDel) die Spionageaffäre rechtlich bewertet. Am Montag veröffentlichte sie ihr vernichtendes Urteil.
Gemäss dem damals geltenden Bundesgesetz zur Wahrung der inneren Sicherheit sei der NDB zwar befugt gewesen, Informationen über die deutschen Steuerfahnder in Deutschland abzuschöpfen. Eine «aktive Informationsbeschaffung vor Ort im Ausland» jedoch sei den Geheimdienstlern nicht erlaubt. «Insbesondere wäre der NDB nicht befugt gewesen, über Daniel M. einen Maulwurf in einer ausländischen Behörde platzieren zu lassen.»
Im Fokus der Kritik steht Paul Zinniker (58), Stellvertreter des damaligen NDB-Chefs Markus Seiler (49). Er hatte die Bewilligung zur Einschleusung jenes Maulwurfs gegeben – und soll Daniel Moser persönlich getroffen haben. Mehr noch: Der Bericht erwähnt, dass Zinniker dem frei schaffenden Spion einen Vorschuss von 60000 Franken gewährte. Gemäss Richtlinien des NDB hätte eine Zahlung ab 50000 Franken von seinem Vorgesetzten bewilligt werden müssen. Gegenüber der Geschäftsprüfungsdelegation machte Markus Seiler jedoch klar, dass er von diesem Einsatz nichts gewusst, geschweige denn ihn bewilligt habe.
Nationalrat Balthasar Glättli (46, ZH) zeigt sich mehr als enttäuscht: «Es ist unglaublich, wie wenig die Untersuchung ausgelöst hat!» Der Fraktionschef der Grünen fordert dringend personelle Konsequenzen. «Was passiert mit den Männern, die für diesen Schlamassel verantwortlich sind?» Markus Seiler ist mittlerweile im Aussendepartement (EDA) von Bundesrat Ignazio Cassis (56, FDP) als Generalsekretär tätig.
«Und sein Stellvertreter Paul Zinniker tut, als ob nichts passiert wäre», sagt Glättli. In der Tat: Nach Seilers Abgang leitet Zinniker den NDB interimistisch, mit entsprechend höherem Lohn. Gegenüber SonntagsBlick will er zu der Spionageaffäre und seiner Rolle dabei nicht Stellung nehmen. Für Glättli ist klar, dass der Bundesrat, der noch immer nach einem Nachfolger für Seiler sucht, Zinniker absetzen muss. «Er stand in direktem Kontakt mit dem Spion, Zinniker muss zurücktreten. Und zwar sofort.»
Zinniker trat 1991 in den damaligen Auslandnachrichtendienst ein. Mittlerweile weist der gebürtige Bieler Anzeichen einer Déformation professionelle auf. So sagte er 2009 in einem Interview, der Geheimdienst halte sich «nur schon durch seine Tätigkeit im Ausland nicht an die Gesetze» des jeweiligen Landes.
«Wir haben jedoch ethische Richtlinien, wie weit wir gehen dürfen. So ist es uns untersagt, mittels Erpressung oder Einschüchterung an Informationen zu gelangen. Zudem sind das schlechte Methoden: Denn wer erpresst oder eingeschüchtert wird, schlägt später zurück.»