Frauen wegen geplanter Erhöhung des Rentenalters sauer auf Berset
«Eine unglaubliche Frechheit»

Nur drei Wochen nach dem Frauenstreik schlägt der Bundesrat vor, die AHV mit der Erhöhung des Frauen-Rentenalters zu sanieren. Ein Skandal, finden die Frauen.
Publiziert: 07.07.2019 um 10:49 Uhr
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Erst vor wenigen Wochen zogen hunderttausende Frauen durch die Strassen, um Gleichstellung zu fordern.
Foto: Danielle Liniger/freshfocus
Dana Liechti

Gerade mal drei Wochen nach dem grossen Frauenstreik will der Bundesrat das Frauen- rentenalter erhöhen. Entsprechend wütend reagieren jetzt die Organisatorinnen. Die Basler Streikenden etwa sprechen von «einer Ohrfeige für alle Frauen». Die Reform sei respektlos, sagt Franziska Stier vom Basler Kollektiv. «Wir Frauen arbeiten gratis oder schlecht bezahlt in der Alterspflege. Wir sind für Nachbarn und Kinder da – die finanziellen Verluste sind gross. Jetzt auch noch die AHV zu sanieren, überspannt den Bogen massiv!» Und ihre Mitstreiterin Sina Deiss sagt: «Bundesrat Berset enttäuscht. Er ignoriert den grössten Streik der Schweizer Geschichte.»

Auch in Zürich ist frau wütend: «Es ist peinlich und bedenklich», schreiben Lou-Salomé Heer und Bettina Stehli stellvertretend für das Streikkollektiv. «Noch am 14. Juni hat Bundesrat Berset in den sozialen Medien zum Streik aufgerufen – mit besorgtem Blick wies er auf die schlechtere ­Altersvorsorge von Frauen hin. Und nun will der Bundesrat das Frauenrentenalter erhöhen?

«Keine Erhöhung des Frauenrentenalters»

Eine Frechheit! Wir kämpfen ­entschieden gegen das weitere Sparen auf Kosten der Frauen.» Aus der ­Bundesstadt tönt es ähnlich. «An­gesichts der nach wie vor grossen ­Einkommens- und Rentendifferenzen trotz gleicher Anzahl Arbeitsstunden akzeptieren wir keine Erhöhung des Frauenrentenalters», schreibt ­Simona Isler vom Berner Kollektiv. Die 700 Millionen Ausgleichszahlungen empfindet niemand als Trost. «Das ist ein Witz», so das Zürcher Streikkollektiv. «Die unbezahlte Arbeit von Frauen hat jährlich einen Wert von 248 Milliarden Franken. Mehr als alle Ausgaben, die Bund, Kantone und Gemeinden tätigen. Ein Skandal!»

Katharina Prelicz-Huber, Präsidentin der Gewerkschaft VPOD, ­bezeichnet die 700 Millionen als «Pseudo-Ausgleichsmassnahmen», die gerade mal ein Drittel dessen ­abdecken, was die Frauen durch die Erhöhung des Rentenalters zur ­Reform beitragen sollen. «Eine ­unglaubliche Frechheit», sagt sie. «Es kommt mir vor, als hätte man gar nichts begriffen vom Frauen­streik.»

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