SonntagsBLICK: Frau Gössi, die FDP will die Massenweinwanderungs-Initiative nicht gemäss Verfassungsauftrag umsetzen. Wäre es da nicht ehrlich, Ja zum Rasa-Volksbegehren zu sagen? Es will den Artikel 121a wieder streichen.
Petra Gössi: Zuerst: Die Verfassung schreibt auch vor, dass völkerrechtliche Verträge zu beachten sind. Mit unserem Umsetzungsvorschlag haben wir berücksichtigt, dass sich der Souverän schon diverse Male deutlich zum bilateralen Weg bekannt hat. Dann: Ich bin gegen die Rasa-Initiative. Es wäre demokratisch problematisch, einen Verfassungsartikel nach so kurzer Zeit wieder zu streichen. Zudem soll die Zuwanderung gesenkt werden. Aber es stimmt: Es braucht bald den Grundsatzentscheid, eine Schicksalsabstimmung: Ja oder Nein zu den Bilateralen. Deshalb begrüsse ich es, dass die Auns jetzt eine Initiative lanciert, die die Personenfreizügigkeit kündigen will. Dann wird es diese Abstimmung geben.
Sie wollen eine Schicksalsabstimmung, ähnlich wie beim Brexit in England im Juni. Pokern Sie da nicht zu hoch?
Ich habe mich immer klar für den Standort Schweiz eingesetzt. Die SVP beteuert stets, dass sie für die Bilateralen einstehe. Die Politik, die sie betreibt, zielt aber genau aufs Gegenteil. Deshalb sollen die SVP und ihr nahestehende Gruppierungen Verantwortung tragen und in dieser Frage Klarheit schaffen. Es ist ein gewisses Risiko. Aber genauso wenig kann die Schweiz es sich leisten, dass die SVP weitere Jahre auf ihrem Lieblingsthema herumreitet. Damit schafft sie nur Rechtsunsicherheit und gefährdet Arbeitsplätze. Wir brauchen Platz für neue Diskussionen. Andere Themen sind genauso wichtig.
Welche meinen Sie?
Zum Beispiel die Altersvorsorge oder die Unternehmenssteuerreform, über die im Februar abgestimmt wird. Die Vorlage schafft bei der Unternehmensbesteuerung gleich lange Spiesse für alle Unternehmen, deshalb ist sie wichtig für die Attraktivität der Schweiz.
Weshalb?
Die bisherigen Sonderregeln werden im Ausland nicht länger akzeptiert. Ohne nationale Steuerreform fehlen dem Kanton Instrumente und finanzielle Mittel, um die Systemänderung abzufedern. Deshalb ist Nichtstun keine Option. Steuereinnahmen von über fünf Milliarden Franken sind bedroht. Wir müssen zudem damit rechnen, dass Firmen ihren Standort verlegen würden – und damit die Arbeitsplätze.
Es wird jetzt auch ein Referendum gegen den Parlamentsentscheid zur Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative lanciert. Was, wenn das Referendum erfolgreich ist?
Ich habe nie verstanden, dass die SVP das Referendum nicht selber ergriffen hat. Sie behauptet, mit dem Parlamentsbeschluss bleibe alles, wie es ist. Das Gegenteil ist der Fall: Wenn das Volk unsere Lösung nicht will und dem Referendum zustimmt, dann favorisiert es eine härtere Gangart, wie sie die SVP will. Ein Nein zum Referendum hätte eine einseitige Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative mit Höchstzahlen und Kontingenten zur Folge.
Fast zwei Drittel der Wähler in Ihrem Kanton Schwyz sagten Ja zur SVP-Initiative. Haben Sie keine Angst, dass Sie selber die Quittung bekommen – spätestens bei den Wahlen 2019?
Die FDP hat einen gangbaren Weg vorgeschlagen, der im Parlament die Mehrheit gefunden hat. Mit dem Inländervorrang light können wir die starke Zuwanderung eindämmen, weil damit zuerst ein Inländer Arbeit findet. Es haben sich viele bei mir gemeldet und gesagt, sie fänden den Lösungsvorschlag der FDP in dieser Frage daneben. Vielleicht haben Sie recht, die Wähler goutieren unsere Position nicht und wählen mich ab. Dann ist es so, ich würde es akzeptieren. Als Politikerin muss ich den Mut haben, zu meinen Überzeugungen zu stehen und zukunftsgerichtete Entscheidungen zu treffen, gerade auch für den Wirtschaftsstandort Schwyz.
Was machen Sie dann?
Dann konzentriere ich mich auf meinen Beruf, treibe mehr Sport und betätige mich kulturell, zum Beispiel in der Trachtengruppe in Küssnacht. Heute dreht sich bei mir fast alles um Politik, und ich engagiere mich mit viel Freude voll und ganz. Aber es gibt viele andere Dinge, die mich ebenfalls interessieren, und die im Augenblick zu kurz kommen.