Experte Titus Meier bezeichnet den Cornu-Bericht als «Fundgrube für Historiker»
«Die P-26 war nicht ferngesteuert»

Der Bund hat den Cornu-Bericht über die Geheimarmee P-26 freigegeben. Der Historiker Titus Meier (37) hat gerade seine Doktorarbeit über die Widerstandsvorbereitungen der Schweiz im Kalten Krieg geschrieben. Der Experte erklärt, was der Bericht bringt.
Publiziert: 27.04.2018 um 17:46 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 21:45 Uhr
Pierre Cornu, dessen Bericht über die Auslandsverbindungen der Geheimarmee P-26 gestern veröffentlicht wurde, kommt darin zum Schluss, dass die Organisation keinem internationalen Netzwerk der Widerstandsorganisationen im Kalten Krieg angehörte.
Foto: zvg
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Interview: Sermîn Faki

BLICK: Herr Meier, seit Mittwoch ist eine Version des Cornu-Berichts öffentlich. Müssen wir uns nun ein neues Bild von der P-26 machen?
Titus Meier:
Nein, ganz sicher nicht. Der Bericht bestätigt die bisherigen Forschungen. Nämlich, dass die P-26 nicht mit Nato-Staaten zusammengearbeitet hat und schon gar nicht ferngesteuert wurde, wie oft behauptet.

Historiker Titus Meier sagt, der Cornu-Bericht mache Schluss mit Spekulationen.
Foto: Susanne Seiler

Sondern?
Die P-26 bereitete den Schweizer Widerstand gegen eine mögliche Besetzung der Schweiz durch die damalige Sowjetunion eigenständig vor. Und das eingebettet in die damalige Sicherheitspolitik der Schweiz. Die Nato-Staaten haben die Neutralität der Schweiz respektiert und zudem gesehen, dass die Schweiz sich selbst für alle Fälle vorbereitet. Wir wissen, dass die CIA während des Korea-Kriegs 1951 einmal überlegt hat, in der Schweiz ein Funkgerät zu verstecken – für den Fall, dass Amerikaner während eines sowjetischen Angriffs auf Europa über den Kontinent fliehen müssten. Die Bedrohungslage entspannte sich auch rasch wieder, weshalb das nicht verfolgt wurde.

Aber mit den Briten hat die P-26 eng zusammengearbeitet.
Dabei ging es vor allem um die Ausbildung für jene, die den Widerstand vorbereiten sollten. Die Zusammenarbeit war besonders vor der Gründung der P-26 auf Ebene der Nachrichtendienste eng. Diese Kontakte dienten der Vorbereitung des Schweizer Widerstands. Später hatten die Beziehungen einen eher losen Charakter. In den 80er-Jahren ging es vor allem darum, dass die Schweizer von den Briten lernten, wie man ein besetztes Gebiet aus der Luft versorgt. Hier hatten die Briten Erfahrungen, die Schweizer nicht.

Was bringt die Veröffentlichung des Berichts denn überhaupt, wenn keine neuen Fakten vorliegen?
Erstens ist der Bericht natürlich eine Fundgrube für Historiker. Ausserdem nimmt der Bundesrat so all jenen Spekulationen, die nie verklungen sind, den Wind aus den Segeln.

Welchen zum Beispiel?
Einerseits wird immer wieder die Frage gestellt, ob die Schweiz Teil eines europäischen Widerstandsnetzwerks war. Anderseits konnte man auch kürzlich wieder Spekulationen um Putschabsichten durch die P-26 lesen. Beides kann man klar verneinen, wie auch der umfassende Cornu-Bericht zeigt.

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